Wien brennt!

  • 13.07.2012, 18:18

Wer denkt, die Studierenden in Österreich blickten auf eine langweilige Geschichte zurück, der irrt. Im Jahr 1848 ging es in Wien rund: Aufständische, unter ihnen viele Studenten, vertrieben die kaiserliche Familie aus Wien und bezahlten das oft mit ihrem Leben.

Wer denkt, die Studierenden in Österreich blickten auf eine langweilige Geschichte zurück, der irrt. Im Jahr 1848 ging es in Wien rund: Aufständische, unter ihnen viele Studenten, vertrieben die kaiserliche Familie aus Wien und bezahlten das oft mit ihrem Leben.

Nachdem Napoleon Bonaparte halb Europa erobert und wieder verloren hatte, legte der Wiener Kongress, geführt von Fürst Metternich, im Jahr 1815 die europäischen Grenzen neu fest. Das war der Ursprung der Revolutionen von 1848. Die Phase der Restauration – also der Wiederherstellung der absolutistischen Ordnung – formte liberal-bürgerliche Bewegungen, die den Ideen der Restauration entgegenwirkten.
Vor allem in Frankreich bildeten sich innerhalb des BürgerInnentums und unter den Studenten Gruppen, die liberale, demokratische Reformen forderten. Durch das Fortschreiten der Restauration und letztlich durch den Versuch, das französische Parlament aufzulösen, kam es zu einem Aufstand der HandwerkerInnen, ArbeiterInnen und Studenten, welcher in der Julirevolution von 1830 mündete und den endgültigen Sturz der herrschenden Bourbonen in Frankreich und die erneute Machtergreifung des BürgerInnentums zur Folge hatte.
Die Revolution von 1830 war der Auslöser für eine ganze Reihe von Ereignissen, die Europa in den folgenden Jahren erfassen sollten und letztlich in der Februarrevolution von 1848 mündeten. Nachdem 1848 die zweite französische Republik ausgerufen wurde, breiteten sich weitere Aufstände, die unter dem Namen der Märzrevolution von 1848/49 Eingang in die Geschichtsbücher fanden, über Europa aus und forderten die Überwindung der beim Wiener Kongress geschaffenen metternischen Restauration.

Revolution im KaiserInnenreich Österreich. Erste Aufstände im Jänner 1848 erschütterten österreichische Provinzen im heutigen Italien und führten bereits zu blutigen Ausschreitungen im KaiserInnentum. Es wurden jedoch nur regionale Reformen durchgesetzt, welche die Gemüter weiterhin erhitzten, sodass es am 13. März 1848 zum Ausbruch der Märzrevolution kam, die zum Sturz Metternichs führte. Einen Tag zuvor, am 12. März, hielten die Studenten unter der Leitung sämtlicher Professoren eine Sitzung ab, bei welcher sie Forderungen wie Pressefreiheit, Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Gerichte, diverse soziale Forderungen, sowie demokratische Reformen an das Kaiserhaus richteten.
Als sich die revolutionären Kräfte am 13. März vor dem Ständehaus versammelten, brach das Gerücht aus, dass einige Studenten verhaftet worden waren.Die Massen fingen an zu toben und stürmten die Paläste der Herrschaft, alles wurde zertrümmert. Das Zeughaus wurde eingenommen und es hallte durch die Wiener Gassen: „Nieder mit Metternich! Freiheit! Waffen!“ Metternich floh nach England. Das Neue Wiener Journal schrieb: „Gestern Kampf, Blut und Tod in allen Straßen, fürchterliches Geschrei um Freiheit, die heute die Stadt schmückt wie eine Braut; aus allen Fenstern fliegen weiße und rote Kokarden, Kränze, Bänder, Fahnen.“
Die Aufstände breiteten sich über alle Provinzen Österreich-Ungarns wie ein Fegefeuer aus. Kaiser Ferdinand I. sah sich zu Zugeständnissen gezwungen, er ging scheinbar auf Forderungen der Aufständischen nach einer neuen Verfassung und nach der Abschaffung der Zensur ein. In den folgenden Wochen und Monaten war die politische Realität im KaiserInnentum von wechselnden Reformen zwischen den zentralistischen Bestrebungen der Krone und den liberalen Forderungen der Aufständischen geprägt.

Die kaiserliche Armee setzte sich aber letztlich in fast allen Regionen des Reiches durch und so kam es, dass die deutschsprachigen Studenten Rückhalt in Deutschland, welches auch eine bürgerliche Revolution erlebte, suchten und unter schwarz-rot-goldener Fahne für eine großdeutsche Lösung kämpften. Ende April 1848 wurde die Pillersdorsche Verfassung, die erste österreichische Verfassung, erlassen. Diese aufgezwungene Verfassung führte erneut zu Protesten und leitete die zweite Phase der Revolution ein.
Diese Verfassung wurde ohne eine Volksvertretung erstellt, sie wurde von den liberalen Kräften als zu wenig demokratisch abgelehnt und nach Straßenkämpfen zwischen der kaiserlichen Armee auf der einen Seite und BürgerInnen auf der anderen Seite wieder zurückgenommen. In Folge gelang es einer Gruppe von ArbeiterInnen und Studenten, erste wichtige soziale Forderungen durchzusetzen, wie etwa Lohnerhöhungen und den Zehn-Stunden-Arbeitstag. Erneute Reformen entgegen den Forderungen der Aufständischen spitzten die krisenhafte Lage jedoch weiter zu und leiteten die dritte Phase der Revolution ein, welche bürgerkriegsähnliche Zustände nach Wien brachte.

Wochen der Hinrichtung. Am 6. Oktober 1848 sollten von Wien aus kaiserliche Truppen gegen das aufständische Ungarn ziehen, um die Unruhen dort zu ersticken. Als Antwort formierten sich Wiener ArbeiterInnen und Studenten und es kam zu Straßenkämpfen, welche mit dem Erhängen des Kriegsministers Theoder von Latour endeten. Der kaiserliche Hof floh aus der Stadt und es gelang den Wiener BürgerInnen, die Hauptstadt in ihre Gewalt zu bringen. Nur einige Wochen später rekrutierte die österreichische Krone Armeetruppen aus verschiedenen Provinzen, worauf konterrevolutionäre Truppen Wien beschossen und schließlich erstürmten. Es folgten Wochen der Hinrichtungen und viele der RevolutionsführerInnen mussten wegen ihrer Freiheitsliebe sterben. Die Bürgerliche Revolution in Österreich war damit niedergeschlagen. Es kam nie zur Realisierung der im März ausgearbeiteten Verfassung, stattdessen zu einem Siegeszug der monarchisch-konservativen Kräfte.

 

 

AutorInnen: Aaron Salzer