Von Südtirol bis Oberwart - Österreichischer Rechtsterrorismus
Während es in der Wissenschaft keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs Rechtsterrorismus gibt, bezeichnet er in weiterer Folge hier die Aktivitäten gewalttätiger Rechtsextremist_innen, mit dem selbst erklärten Ziel, die staatliche Ordnung der Zweiten Republik zu untergraben und zu stürzen. Diese Definition umfasst Angriffe auf staatliche Institutionen ebenso wie auf politische Gegner_innen und andere Angehörige ideologisch bedingter Feindbilder.
Antikommunistische Paramilitärs und „Heimattreue Jugend“.
Bereits im Sommer des Jahres 1951 verübte der 17-Jährige Chemiestudent Friedrich B., Mitglied im Verband der Unabhängigen (VdU), acht Brandanschläge auf Lokalitäten der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Außerdem verschüttete er mehrmals Reizstoffpräparate in Kinosälen, um die Aufführung antifaschistischer Filme zu verhindern. Als eine der führenden Kräfte trieb B. ab 1950 die Gründung einer rechtsextremen Geheimorganisation voran, in der sich nach dem Vorbild der Hitlerjugend mehrere Jugendliche unter dem Namen „Schwarze Schnur“ sammelten. Zweck dieser Organisation war es, die Mitglieder auf eine militärische Ausbildung und die Formierung einer antikommunistischen Partisanengruppe vorzubereiten. Die „Schwarze Schnur“ plante allerdings auch Anschläge in Österreich, etwa auf den Gedenkstein für die Opfer der Gestapo am Wiener Morzinplatz. Noch bevor sie weitere Anschläge verüben konnten, wurden elf Mitglieder der „Schwarzen Schnur“ verhaftet, unter ihnen auch der 31-jährige VdU-Bezirksleiter Franz Landsteiner. In den späten 1950er-Jahren war es vor allem der Bund Heimattreuer Jugend (BHJ), der durch paramilitärisches Gebaren und gewalttätige Aktivitäten auffiel. Mitglied des BHJ und an diversen Aktionen beteiligt war unter anderem Günther Kümel, welcher 1965 im Rahmen einer Demonstration gegen den antisemitischen Hochschulprofessor Taras Borodajkewycz den antifaschistischen Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger ermordete. Eine Gruppe um Kümel protestierte schon 1959 vor der italienischen Botschaft für „Südtirols Freiheit“, noch im selben Jahr erging der Auflösungsbescheid des Innenministeriums an den BHJ. Im April 1959 wurden außerdem zehn Jugendliche verhaftet, die scheinbar am Aufbau einer rechtsextremen Partisanenorganisation gearbeitet hatten, unter ihnen auch Mitglieder von VdU, BHJ und anderen rechtsextremen Organisationen.
„Es lebe das freie Südtirol. Heute Tinte, morgen Bomben.“
Einen Höhepunkt des Rechtsterrorismus bildete das Jahr 1961. Während die Aktivitäten des Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) in Italien seit Beginn des Jahres massiv an Intensität zunahmen, kam es auch in Österreich vermehrt zu Anschlägen. So gab es beispielsweise am Vorabend zum 1. Mai einen Bombenanschlag auf das Denkmal der Republik am Wiener Ring. Dass bei der Explosion keine Menschen verletzt oder gar getötet wurden, war wohl in erster Linie auf die Tatsache zurück zu führen, dass der traditionelle Fackelmarsch der roten Jugendorganisationen an diesem Tag wegen schlechter Witterung abgesagt werden musste. Dem Anschlag, der auch von offizieller Seite mit dem Südtirol-Terror in Verbindung gebracht wurde, sollten viele weitere folgen. Dabei tat sich vor allem die Gruppe „Werwolf“ hervor, eine Gruppe von Rechtsterroristen, die sich um den verurteilten Holocaustleugner und Neonazi Gerd Honsik sammelte. Die Gruppe verübte zahlreiche Attentate mit Schusswaffen und Sprengsätzen, unter anderem auf die Botschaften Italiens und der USA, sowie auf das österreichische Parlament. Bei seiner Verhaftung gab Honsik an, er trachte danach, „das bestehende österreichische Staatsgefüge mit (seinen), wenn auch bescheidenen Mitteln zu vernichten“. Mitglied der Gruppe Werwolf war auch der bereits erwähnte Günther Kümel. Gleichzeitig waren viele heimische Neonazis in terroristische Aktivitäten in Südtirol involviert. Dabei taten sich insbesondere Norbert Burger, seines Zeichens Gründer des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS), und andere Angehörige der Burschenschaft Olympia hervor, weshalb die Burschenschaft noch im Jahr 1961 behördlich aufgelöst wurde. In Folge eines Bombenanschlags auf das Büro der Fluglinie Alitalia an der Wiener Ringstraße, wurden im Sommer 1966 zudem zwei ehemalige BHJ-Mitglieder verhaftet, welche zwischenzeitlich für die rechtspopulistische Demokratisch Fortschrittliche Partei (DFP) des ehemaligen SPÖ-Innenministers Franz Olah tätig waren. Wohl als Reaktion auf die Anschläge des BAS in Südtirol verübten in den 1960er-Jahren auch italienische Neofaschisten Bombenanschläge in Österreich. Unter anderem, wenn auch erfolglos, auf das Denkmal für die Rote Armee am Wiener Schwarzenbergplatz.
Antisemitismus und der Kampf gegen den Staat Israel als einendes Element.
Nach der Entschärfung des Südtirol- Konfliktes Ende der 1960er suchten sich viele zuvor Beteiligte neue Betätigungsfelder. Norbert Burger gründete 1967 die Nationaldemokratische Partei (NDP), in deren Umfeld sich zahlreiche weitere, neonazistische Organisationen und Wehrsportgruppen versammelten. Zu Beginn der 1980er-Jahre kam es zu einer Reihe antisemitisch motivierter Attentate. Zum Ziel der Bombenanschläge wurden unter anderem der Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Edmund Reiss, Oberrabbiner Akiba Eisenberg und Simon Wiesenthal. Auf letzteren planten Neonazis bereits Mitte der 1970er-Jahre ein Attentat. An diesen Plänen beteiligt war neben Norbert Burger auch der deutsche Neonazi Udo Albrecht, welcher über Jahre hinweg als Schnittstelle zwischen Neonazis und palästinensischen Terrorist_innen fungierte. So unterhielt Albrecht auch enge Verbindungen zur Terrororganisation Schwarzer September und unterstützte diese angeblich im Vorfeld des Münchner Olympia-Attentats, bei dem die Gruppe am 5. September 1972 elf israelische Geiseln ermordete. In Österreich planten Mitglieder dieser Organisation 1973 eine Geiselnahme im Transitlager Schönau. Ziel war es, die Freilassung palästinensischer Terrorist_innen zu erpressen. Unterstützung erhielten die Kommandogruppen des Schwarzen September in Wien durch den Neonazi Harald E., der als Sicherheitsbeauftragter Norbert Burgers aktiv war und wegen terroristischer Aktivitäten in Südtirol verurteilt wurde. Antisemitismus und der Kampf gegen den Staat Israel dienten beiden Seiten hier als einendes Element.
Briefbombenterror und die Morde von Oberwart.
Das blutigste Kapitel rechtsextremen Terrors wurde in Österreich allerdings in den 1990er- Jahren geschrieben. Ab Anfang Dezember 1993 wurden insgesamt 25 Briefbomben versendet, hauptsächlich im In-, aber auch ins Ausland. Die Briefbomben verletzten insgesamt zehn Personen, teilweise schwer, unter anderem den Wiener Bürgermeister Helmut Zilk und die ORF-Redakteurin Silvana Meixner. Außerdem gab es weitere Anschläge mit Bomben und Sprengfallen. Das verheerendste Attentat fand jedoch in der Nacht von 4. auf 5. Februar 1995 in Oberwart statt. An einer Wegkreuzung in der Nähe einer Roma-Siedlung explodierte eine Sprengfalle und riss vier junge Roma in den Tod, als diese versuchten, ein Schild mit einer antiziganistischen Botschaft zu entfernen. Die Anschlagsserie endet erst mit der Verhaftung von Franz Fuchs am 1. Oktober 1997.
Rechter Terror bis zur Gegenwart.
Die Attentats- und Anschlagsserie von Franz Fuchs war die letzte große Welle rechtsterroristischer Gewalttaten in Österreich. Dennoch zeigen einzelne Ereignisse immer wieder, dass es auch hierzulande nach wie vor bewaffnete rechtsextreme Strukturen und Einzelpersonen gibt und diese auch bereit sind, von ihren Waffen Gebrauch zu machen. Im Jänner 2013 ließ die Polizei die endgültige Zerschlagung der Gruppe um das berüchtigte „Objekt 21“ in Oberösterreich vermelden. Die Mitglieder der Gruppe, bis zu dessen behördlicher Auflösung 2011 war man in einem eingetragenen Verein organisiert, hatten über die Jahre mafiöse Strukturen aufgebaut. Die Anklageschrift gegen das Netzwerk umfasste rund 20.000 Seiten und die Liste der Verbrechen unter anderem bewaffneten Raubüberfall, Einbruch, Körperverletzung, Erpressung, Entführung, Handel mit Drogen und Waffen sowie Anschläge mit Brandsätzen und Buttersäure im Rotlichtmilieu. Der Rechtsextremismus-Experte und Politiker Karl Öllinger bezeichnete die Gruppe damals als „das größte kriminelle Netzwerk seit Jahrzehnten“. Auch Gewalttaten ohne explizit ideologischen Hintergrund, wie etwa der Amoklauf mit drei Toten durch einen Aktivisten der Vorarlberger Neonazi-Szene im Mai 2016, zeigen, dass von diesen Personen und Strukturen ein enormes Gewaltpotential ausgeht. Für Politikwissenschaftler Thomas Riegler, seines Zeichens Experte für Terrorismus und Sicherheitspolitik, sendet die rechtsextreme Szene seit einiger Zeit wieder deutliche Lebenszeichen aus: „Die Zahl der rechtsextrem und rassistisch motivierten Straftaten ist jedenfalls zuletzt stark gestiegen“, attestierte Riegler im Jahr 2016.
Strache und Küssel - das Dritte Lager und die Rechtsextremen.
Die Liste gewaltbereiter neonazistischer Gruppen und ihrer Aktivitäten ließe sich ohne Probleme weiter fortführen. Obgleich dem Thema von öffentlicher Seite oft nur geringe Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird, handelt es sich nicht um ein Randphänomen. Die Täter waren und sind alles andere als isoliert und nicht nur untereinander bestens vernetzt. Der jetzige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nahm beispielsweise gemeinsam mit Gottfried Küssel an einer Wehrsportübung teil. Norbert Burger, mit dessen Tochter Strache von 1987 bis 1991 verlobt war, bezeichnete dieser als eine Art Vaterersatz. Auch Zusammentreffen zwischen Burger und dem verstorbenen FPÖ- bzw. BZÖ-Chef Jörg Haider sind dokumentiert. Die Verbindungen zwischen dem Dritten Lager und rechtsextremen bis rechtsterroristischen Strukturen zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die Geschichte der Zweiten Republik. Aktivist_innen der rechtsterroristischen Szene unterhielten in der Vergangenheit sowohl Kontakte zu den etablierten Parteien VdU und FPÖ, als auch zu rechtsextremen Organisationen wie etwa den Identitären. Distanzierungen erfolgten von Vertreter_innen des Dritten Lagers oft gar nicht oder erst nach großem Druck der Öffentlichkeit.ler_ innen versuchen, Gene und Umwelt miteinander zu verbinden, sind sie letztendlich limitiert von den Faktoren, die dem Feld erlauben, sich weiter zu entwickeln.“ So kann Wissenschaft auf Basis großer Datenbanken nur so komplex sein, wie die Daten, die ihr zu Grunde liegen. Fehlen Informationen über biologische oder soziale Parameter, stößt die Analyse schnell an ihre Grenzen. So ließen sich aus derzeitigen Bestände genomischer Daten bereits ganze Fachzeitschriften mit Genen füllen, die einem bestimmen Verhalten zu Grunde liegen könnten. Aber ohne weitere Daten über das Zusammenspiel von Zelle und sozialer Umwelt werden die Social Genomics ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. kommt, dann reagiert man darauf mit Geldstrafen. Wenn man die neun Seiten über Bildung im Regierungsprogramm liest, kommt der Verdacht auf, dass die vergessen wurden, die es am meisten betrifft – nämlich die Schüler_innen.