An Tagen wie diesem
Am 27. Jänner 2012 ist der 67. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Truppen. Weltweit wird an diesem Tag der Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie gedacht. In Österreich jedoch findet ein anderes Ereignis statt
Am 27. Jänner 2012 ist der 67. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Truppen. Weltweit wird an diesem Tag der Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie gedacht. In Österreich jedoch findet ein anderes Ereignis statt: In der Hofburg, in den Prunksälen der Republik, feiert sich der Wiener Korporationsring (WKR) anlässlich seines alljährlichen Balles – unter Vorstand der Burschenschaft Olympia. Diese wird vom Dokumentationsarchiv Österreichischen Widerstands (DÖW) als rechtsextrem und revisionistisch eingestuft.
Am letzten Freitagabend im Jänner hat sich in der Wiener Innenstadt eine ungewöhnliche Tradition eingebürgert: Sie gleicht einer Geisterstadt, der oberirdische öffentliche Verkehr kommt zum Erliegen und ihre einzigen legitimen BewohnerInnen scheinen Polizeikräfte und schlagende Burschenschafter samt Begleitung zu sein. Dieses Jahr hat die dafür verantwortliche Veranstaltung einen besonders schalen Beigeschmack: Der Balltermin überschneidet sich mit dem internationalen Holocaust-Gedenktag, der seit dem Beschluss der UN-Generalversammlung im Jahr 2005 auf den 27. Jänner fällt.
An diesem Tag gelang es der sowjetischen Armee Auschwitz-Birkenau zu befreien, wo Schätzungen zufolge über eine Million Menschen, hauptsächlich Jüdinnen und Juden aus Ungarn, ums Leben kamen. Die sowjetische Armee fand jedoch nur mehr rund 7000 Inhaftierte im Lager vor. Unter den Befreiten befand sich auch Otto Frank, Anne Franks Vater. Weitere 60.000 waren in den Tagen und Wochen zuvor auf Todesmärsche in Richtung Westen geschickt worden.
An diesem Jahrestag wird der schlagende Burschenschafter und Klubchef der Wiener FPÖ Johann Gudenus wohl in der Hofburg tanzen. Für ihn stellt das kein Problem dar, denn er sieht deutschnationale Burschenschaften als bürgerliche Bewegungen. Die dem WKR vorsitzende Verbindung Olympia, welcher auch der dritte Nationalratspräsident Martin Graf angehört, zeigt allerdings mit ihrer Einladungspolitik mit Faible für prominente Holocaustleugner eindeutig, welchen Geistes Kind sie ist. Auf der Gästeliste standen bereits der wohl bekannteste revisionistische Historiker David Irving, der 2005 auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Olympia in Wien festgenommen und später wegen Wiederbetätigung verurteilt wurde, sowie die rechtsextremen Liedermacher und NPD-Politiker Michael Müller („(...) mit sechs Millionen Juden fängt der Spaß erst richtig an“).
Hinter der bürgerlichen Fassade sind die antisemitischen und revisionistischen Botschaften leicht auszumachen. Und den schlagenden Verbindungen wird mit dieser Veranstaltung einmal mehr ermöglicht, ihre menschenverachtende Ideologie zu inszenieren. 2013 wird der WKR Ball nach momentanem Stand nicht in der Hofburg feiern dürfen. Damit reagierten die GesellschafterInnen der Hofburg auf den öffentlichen Druck, der sich in den letzten Jahren verstärkte.