Milliarden – Betrüger
Katja: Ich hab die Band Milliarden zum ersten Mal im Radio gehört, was heutzutage bei mir selten genug vorkommt. Es war der Song „Oh Cherie“ und zu Beginn hab ich nicht wirklich auf den Text geachtet, sondern mich gefreut, mal wieder einen guten Rocksong zu hören. Meine Schwäche für deutschen Jungs*schrammelkram ist allgemein bekannt, deswegen sollte mir Milliarden zusagen. Als ich dann aber, ein paar Tage später, den Song noch einmal hörte und sich der Text in meinen Kopf bohrte, war der Zauber dahin. Da wird tatsächlich eine schlichtweg gewalttätige Beziehung verharmlost mit Zeilen wie „damit du meine Liebe spürst, tu ich dir weh“. Das geht einfach nicht, das kann ich mir unmöglich anhören. Als Marie diese Platte für die Rezensionen vorschlug, wollte ich der Band noch eine Chance geben und mir ihren Langspieler „Betrüger“ anhören. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen. Zum Beispiel mit dem Song „Freiheit is ne Hure“. Da singt Frontman Ben Hartmann von Dingen, die er gerne wäre (Mörder, Terrorist, Denker und reich), und auch von Dingen, die er gerne hätte: Krieg, Frieden, HIV und Armani. Ja, richtig. Kein Scherz. HIV und Armani kommen tatsächlich so nebeneinander vor. Passend dazu bezeichnet er die Freiheit als Hure und sich als ihr Kind. Mehr muss ich eigentlich nicht dazu sagen. Privilegierte Lausbuben wollen „Punk“ machen.
Marie Luise: „Du reißt mir die Haare aus, ich schlag dir die Zähne ein“, sind die ersten Zeilen der Platte und genau so geht es weiter. Schon bevor ihr Debütalbum erschienen ist, haben die beiden Musiker Ben Hartmann und Johannes Aue riesige Konzertsäle gefüllt. Bei „Rock im Park“ haben sie sogar die Hauptbühne vor tausenden ZuschauerInnen eröffnet. Die Band versucht mit eingängigen Lines zu glänzen. Der Stil erinnert an Ton, Steine, Scherben, schafft es aber nicht, an das Vorbild heranzukommen und entpuppt sich als bloße Kopie von etwas, das es schon in verschiedensten Spielformen gab. Wir haben es mit Mackern zu tun. Einer der Songs auf dem Album heißt „Freiheit is ne Hure“. Auf dem Cover sind zwei abgetrennte Köpfe und gespreizte Frauenbeine zu sehen. Es ist erstaunlich, wie viel Bühne es für Männermusik gibt. Irgendwann beim Hören muss man unweigerlich an Wanda denken. „Und ohne was zu haben, habe ich Milliarden“, singt Ben. Das Album klingt nach Wohlstandspunk.
Katja Krüger-Schöller studiert Gender Studies an der Uni Wien.
Marie Luise Lehner studiert Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und Drehbuch an der Filmakademie.