Metallica verursacht Redaktionskrise
Ein iranischer Exil-Radiosender in San Francisco, dessen Werbewert durch einen Besuch der Rockband Metallica signifikant gesteigert wird, ist Schauplatz des Films „Radio Dreams“.
Würden die ProtagonistInnen den Namen der Stadt nicht erwähnen und wären die Straßen nicht so charakteristisch steil, könnte auch jede andere amerikanische Großstadt Ort der Handlung sein. Auf klischeebehaftete Establishing Shots wird verzichtet und gesprochen wird fast ausschließlich Farsi.
Im Zentrum der Handlung steht der zumeist als Mister Royani adressierte Chefredakteur des kleinen Senders. Der Film begleitet ihn durch jenen turbulenten Tag, als Metallica sich ankündigten, um auf Radio Pars mit der afghanischen Rockband „Kabul Dreams“ zu jammen. Die prominenten Gäste, die sehr lange auf sich warten lassen, stellen durch ihren großen Namen und die damit verbundene Attraktivität für WerbekundInnen den Sendebetrieb auf den Kopf.
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Nebenbei wird Mister Royani in einer Interview-Sequenz nicht nur als Radiochef, sondern auch als reichlich einsamer Exilliterat gezeichnet. Sein Englisch reicht aus, um die Fragen des Interviewers zu verstehen – nicht jedoch, um sie seinen eigenen Ansprüchen gerecht werdend zu beantworten. Der Übersetzer scheint mit der Komplexität der Antworten überfordert zu sein. Als Mister Royani aus purer Verzweiflung dann doch versucht, auf englisch zu antworten, bringt er nur gestammelte Wortfetzen hervor, die mindestens genauso platt klingen wie die verunglückten Übersetzungsversuche. Die Szene ist zugleich hochkomisch und tieftraurig.
Nachdem Mister Royani an jenem schicksalshaften Tag aus kommerziellen Gründen bereits einen Experten für die Körperenthaarung iranischer Frauen interviewen musste, kündigt sich ein weiterer skurril anmutender Gast an. Die amtierende „Miss Iran USA“ scheint die Gunst der Stunde nutzen zu wollen, um im Schatten von Metallica etwas Fame abzugreifen.
Im Live-Gespräch mit Mister Royani stellt sie sich nicht nur als intelligent und wortgewandt heraus, sondern auch als Poetin, die gerne eines ihrer Gedichte vorgetragen hätte. Gefangen in seiner eigenen Frustration verweigert ihr Mister Royani diesen Wunsch und bricht das Interview ab.
„Radio Dreams“ ist ein Film, der sich nicht recht entscheiden mag, ob er Drama, Komödie oder skurrile Posse sein möchte. Er zeichnet seine ProtagonistInnen als Witzfiguren, schafft es aber dennoch Empathie mit ihnen zu wecken. Genau das macht den Film kurzweilig und sehenswert – auch für Menschen, die mit Metallica nicht viel anfangen können.
Florian Wagner studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Uni Wien.