Eine Praktikantin probt den Widerstand
Buch-Rezension
Wie gelingt der Ausbruch? Wie der Widerstand im Kleinen? Wie beendet man den prekären Zustand des ewigen Praktikant_innen-Daseins? Das fragt sich die Protagonistin in Eva Schörkhubers Romandebüt „Quecksilbertage“, das eine sprachliche Bestandsaufnahme unserer heutigen (Arbeits-)Gesellschaft und zugleich ein Versuch ist, daraus auszubrechen. Valerie ist etwas über 30, Juristin und trotzdem ohne richtigen Job. Sie arbeitet 24 Stunden die Woche, davon 20 bezahlt, für das dubiose „Institut für die nachhaltige Kommunikation mit der Zivilgesellschaft“ und hört von allen Seiten, dass man als Praktikantin die Chance auf eine (baldige) große Zukunft hat. Aber anstatt in dem ewigen Zustand der Ausbeutung zu verharren, wird Valerie auf stille Art aktiv. Sie stellt nicht nur das Institut, für das sie arbeitet, in Frage, sondern darüber hinaus auch die politische Vergangenheit ihrer Familie, obwohl die Mutter befindet, dass „diese ganze Nachfragerei unangebracht“ sei.
Indem Schörkhuber die Protagonistin in ihrem inneren Konflikt auf lange Streifzüge durch Wien schickt, entwirft die 1982 in St. Pölten geborene und in Wien lebende Autorin obendrein das Bild einer Stadt und ihrer Geschichte. Genaue Bestandsaufnahmen von Wiens historischen Orten und Denkmälern entstehen. Da sind der Heldenplatz, die „Gedenksteinblöcke“ am Morzinplatz, eine Marmortafel in Gedenken an den KPÖ-Vorsitzenden Johann Koplenig: „Wie Valerie das Denkmal umkreiste, ihr Gang zuerst langsam, vorsichtig, schleichend, schließlich mit zunehmendem Gedankenstrom schneller, die Gedanken, die ins Strudeln gerieten, Anknüpfungspunkte, die sich überlagerten, verstrickten, Bilder, Sätze, die aufflackerten, die wieder verlöschten.“ Sätze wie dieser sind symptomatisch für „Quecksilbertage“, in dem ein übermäßiger Gebrauch von poetischen Formulierungen, Aufzählungen und Doppelungen vorherrscht. Weniger Verspieltheit hätte dem Romandebüt, in dem der Widerstand letztendlich auf textlicher Ebene geprobt wird, allerdings gut getan.
Eva Schörkhuber: „Quecksilbertage“ Edition Atelier, 200 Seiten - 17,95 Euro, E-Book 9,99 Euro
Sara Schausberger hat Germanistik studiert und arbeitet als Kulturjournalistin in Wien.