David Schalko: Weiße Nacht

  • 13.07.2012, 18:18

Es war nach der Folge von „Willkommen Österreich“, in der Stermann und Grissemann sich über den verstorbenen Jörg Haider und seinen schluchzenden Pressesprecher Stefan Petzner lustig gemacht haben.

Es war nach der Folge von „Willkommen Österreich“, in der Stermann und Grissemann sich über den verstorbenen Jörg Haider und seinen schluchzenden Pressesprecher Stefan Petzner lustig gemacht haben. Da kam David Schalko die Idee zu dem blumig-schwülstigen Roman über zwei ungleiche Lebensmenschen. Stefan Petzner alias Thomas und der Messias-gleiche Jörg Haider einfach als „er“. Wenn David Schalko für Stefan Petzner denkt, dann hört sich das so an:
„Wir lachten wie kleine Kinder, die der Welt einen gemeinsamen Streich gespielt hatten. Plötzlich hielt er inne, schüttelte den Kopf und kam langsam näher. Wie ein Fuchs, der hinter seinem Bau hervorlugte. Er näherte sich meinem Ohr, hielt die Nase nur einen Hauch entfernt. Ich konnte seinen warmen Atem spüren. Wie ein sanfter Wellengang am See. Lebkuchen.“
Absatz.
„Und er flüsterte: ‚Eternity, Thomas.’“

Eternity. Wie eine Ewigkeit fühlt es sich auch an, die 134 Seiten von „Weiße Nacht“ durchzuackern. 134 Seiten geballter Trash, schleppende Schilderungen einer mystisch-faschistoiden Märchenwelt. Pseudo-dramatische Handlungsstränge führen durch ein pseudo-absurdes Kärnten, gequälte No-na-Wortwitze führen einen Absatz zum nächsten. Mit jeder Seite, die umgeblättert wird, wird das Seufzen der LeserInnen tiefer und gequälter. Kurzum: „Weiße Nacht“ ist grottenschlecht.
Doch der Autor wäre nicht David Schalko, wenn das nicht seine Intention gewesen wäre. Dass er dabei leider nicht wahnsinnig witzig ist, mag eine andere Geschichte sein. Jedenfalls lehnt er sich mit dem „Experiment“, wie es der Falter nennt, ziemlich weit hinaus. Nicht unbedingt deswegen, weil er die Liaison Petzner-Haider ins Lächerliche zieht (wie originell ist das heute noch?), sondern weil er den LeserInnen damit sehr viel zumutet. „Mein Buch lehnt sich an die Heimatromantik der 1930er-Jahre an. Ich habe die faschistoiden, verkitschten, esoterischen Bilder übernommen.“ Blaue Bergseen, grüne Wiesen, zwitschernde Vöglein, dazwischen die „Landesmutter“, mit der sie auf die Jagd gehen, das Projekt eines „Endless Summers“ für ganz Kärnten. Doch nur wenige Menschen haben den Heimatroman der 1930er Jahre vermisst. Er zieht sich wie ein Strudelteig. Daran ändert auch die brisante homoerotische Beziehung von Jörg Haider und Stefan Petzner nichts.
Beeindruckend ist alleine das Durchhaltevermögen, mit dem Schalko alle Klassen der Schundliteratur in dem Roman vereint: Heimatroman, Groschenroman, esoterische Ratgeber, bis hin zu Karl Mays Winnetou-Büchern. Der Mix aus Spaßkultur, Esoterik, Katholizismus und Deutschtümelei zeichnet ein originelles Bild der modernen „Rechten“ und trifft mitten ins sonnige Herz von Haiders Kärnten. Nicht so, wie es realpolitisch war, aber so, wie es phantastischer Weise sein könnte.
Leider geht die spannende Idee in den nicht enden wollenden Schilderungen jenes phantastischen Kärntens unter. Das Buch macht einfach keinen Spaß. Ursprünglich hat Schalko „Weiße Nacht“ als Kurzgeschichte geschrieben. Dabei hätte er es belassen sollen.

David Schalko, Weiße Nacht Czernin 2009, 134 S., 16,90€

AutorInnen: Anna Sawerthal