Das Programm und die BesucherInnen machen dann das Festival zu dem was es ist.
In Wiener Neustadt fand heuer vom 28.-30 November zum dritten Mal das Frontale Film-Festival statt. Gezeigt wurden auch dieses Jahr wieder eine feine Auswahl an Kurz-, Spiel, aber auch Handyfilmen. Veranstalterin des Festivals ist die Jugendplattform Megafon. Progress hat mit dem den Wettberwerbsjury Mitgliedern Reinhard Astleithner und Jan Hestmann über das kleine aber erfolgreiche Festival gesprochen.
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In Wiener Neustadt fand heuer vom 28.-30 November zum dritten Mal das Frontale Film-Festival statt. Gezeigt wurden auch dieses Jahr wieder eine feine Auswahl an Kurz-, Spiel, aber auch Handyfilmen. Veranstalterin des Festivals ist die Jugendplattform Megafon. Progress hat mit dem den Wettberwerbsjury Mitgliedern Reinhard Astleithner und Jan Hestmann über das kleine aber erfolgreiche Festival gesprochen.
progress: Das Frontale Film-Festival fand heuer bereits zum dritten Mal statt? Was war die ursprüngliche Motivation dahinter, das Festival ins Leben zu rufen?
Reinhard Astleithner: Die Film- und Medienkultur in der Region kam immer ein wenig zu kurz. Abgesehen von privaten Einrichtungen und dem Zentralkino war es schwer, Filme abseits des Mainstreams zu sehen. Unsere eigene Kinoleidenschaft hat es dann fast zur Pflicht gemacht, die FRONTALE ins Leben zu rufen.
Jan Hestmann: Mit der Frontale wollen wir ein junges Kulturprojekt wachsen lassen, an dem sich kreative und filmbegeisterte Menschen beteiligen und austauschen können. Wir wollen ein breites, junges und jung gebliebenes Publikum ansprechen und Filmkultur erlebbar machen. Letztes Jahr hat das neue Kulturzentrum SUB aufgemacht. Da haben wir gleich gemeinsame Sache gemacht.
progress: Wie hebt sich das Frontale-Filmfestival von anderen ab? Was ist das Besondere an diesem Festival?
Reinhard: Das Feedback der letzten Jahre hat unsere Absicht bestätigt. Wir sind ein herzliches Festival, auf dem die ZuseherInnen auf die FilmemacherInnen treffen und in familiärem Setting diskutieren, konsumieren und reflektieren. Die Mischung aus Spiel-, Kurz- und Handyfilmen, die Couchgespräche und die Workshops bringen eine Vielseitigkeit ins Programm, die man anderswo vielleicht so nicht geboten bekommt. Dazu kam dieses Jahr dann auch die Live-Vertonung des Stummfilmklassikers NOSFERATU (1922), die man so noch nirgendwo gesehen oder gehört hat.
progress: Beim Frontale-Filmfestival können auch Handybeiträge eingereicht werden. Sind das eher Laienbeiträge? Wie heben sich solche Beiträge von anderen ab?
Reinhard: Im Handyfilmprogramm sieht man die Versatilität des Mediums wie in keinem anderen. Von willkürlichen Aufnahmen eines Plastiksackerls im Wind, bis hin zu Green Screen Produktionen haben wir dieses Jahr wieder gestaunt, gelacht und geklatscht. Der Gewinnerfilm steht in seiner Bildästhetik und Dramaturgie vielen der Lang- und Kurzfilme in nichts nach.
Jan: Tendenziell sind diese Filme von Laien, was toll ist. Filmemachen wird immer einfacher und billiger. Bei aller Nostalgie für Analogfilm, hat die Digitalisierung das Filmemachen niederschwelliger gemacht. Der Handyfilm ist die Konsequenz daraus. Das Handy wird zum Selbstermächtigungsinstrument für FilmemacherInnen ohne Budget. Gleichzeitig bringt es eine ganz eigene und interessante Ästhetik mit sich. Und man muss kreativ sein, um mit einem Handy einen guten Film zu machen.
progress: Gibt es Themen denen ihr euch am Festival besonders widmen wollt?
Reinhard: Qualitätsbewusstsein und die Auseinandersetzung mit dem Medium sind unser Antrieb. Das Programm und die BesucherInnen machen dann das Festival zu dem was es ist.
Jan: Letztes Jahr hatten wir ein Couchgespräch mit JungschauspielerInnen. Da schwingt das Thema Präkarisierung im Kunst- und Kulturbereich mit. Dieses Jahr gab es mit dem Screening von „Oh yeah, she performs!“ und mit der Tricky Women-Schiene einen Schwerpunkt auf Feminismus. Die Schwerpunkte sollen gemeinsam mit dem Publikum diskutiert werden können, gerne auch kontrovers. Da wollen wir uns nicht zu stark eingrenzen.
progress: Ihr bietet neben den Filmen auch ein umfangreiches Rahmenprogramm an. Unter anderem auch Workshops z.T. Drehbuchschreiben. Wollt ihr vor allem jene ansprechen die daran interessiert sind selbst Filme zu machen?
Reinhard: Bei uns ist grundsätzlich jede/r willkommen. Darum saßen in den Workshops auch Leute, die keine Vorkenntnisse hatten neben BesucherInnen, die schon einige Bücher zum Thema gelesen hatten. Aus dem Feedback der Workshopleiterinnen war herauszuhören, dass genau diese Mischung die Workshops spannend und zugänglich gemacht haben.
Jan: Da sind wir wieder bei der Selbstermächtigung. Wir wollen Menschen das Handwerk beibringen. Das Equipment, etwa das Handy, haben sie ja bereits eingesteckt. Das Festival ist deshalb aber nicht nur für FilmemacherInnen, sondern genauso für ein Publikum, das wir aber auch stets einladen, in den Diskurs einzusteigen.
progress: Was waren für euch die Highlights des diesjährigen Frontale-Filmfestivals?
Reinhard: Während unserer "Warm-Up Tour" besuchten wir das Triebwerk Wiener Neustadt mit dem Dokumentarfilm SKATEISTAN. Darin sieht man eine Skateschule in Afghanistan und ihre positiven Auswirkungen in dem durch Krieg gebeutelten Land. Und plötzlich kam das CARITAS Haus Neudörfl mit 25, zum Teil afghanischen, jugendlichen Asylbewerbern zu Besuch. Das anschließende Gespräch über den Film und die Auseinandersetzung mit der Migrationsthematik aus erster Hand war magisch. Beim Festival brachte das Gespräch mit Joseph Lorenz, Schauspieler in PARADIES: HOFFNUNG, einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise eines der größten Filmexporte unseres Landes.
Jan: Bei der außergewöhnlichen Live-Vertonung von Nosferatu hatte ich das Gefühl, es passiert gerade etwas, das ich so bald nicht mehr erleben darf. Schließlich hat mich die Videobotschaft eines jungen ukrainischen Filmemachers begeistert, der einen globalkritischen Stop-Motion-Film eingereicht hatte, mit wenigen Mitteln aber dafür umso stärkerer Aussagekraft.
Zu den Personen:
Reinhard Astleithner (Juryvorsitzender)
studierte Drehbuch an der Filmakademie Wien und ist Betriebsleiter im English Cinema Haydn. Freischaffender Filmemacher und Fotograf. Zeigte im Rahmen der "Wien-Aktion", gemeinsam mit dem BMUKK, über 3000 Schulklassen einen Blick hinter die Kulissen eines Kinobetriebs.
Jan Hestmann
Von der Wiener Neustädter Comedienbande zum Freien Radio Helsinki in Graz. Schließlich in Wien gelandet, in der Filmredaktion von The Gap und der Programmkoordination von Radio Orange. Ansonsten Globalgeschichte-Student und bei eigenen Filmprojekten für Doomsday Films vor und hinter der Kamera.
Das Interview führte Georg Sattelberger.