Comic-Krankenakte

  • 20.06.2017, 21:46
Ein Comic, der aus Österreich stammt, komplett ohne Sprechblasen auskommt und dazu noch in einem Hospiz fernab von muskelbepackten Superheld_innen spielt – es gibt einige Eigenschaften, die The Medical Records of Mr. Zachary Griffith aus der Masse von Comics und Graphic Novels hervorhebt.

Ein Comic, der aus Österreich stammt, komplett ohne Sprechblasen auskommt und dazu noch in einem Hospiz fernab von muskelbepackten Superheld_innen spielt – es gibt einige Eigenschaften, die The Medical Records of Mr. Zachary Griffith aus der Masse von Comics und Graphic Novels hervorhebt.

Der Titel verrät es schon: Die Geschichte entfaltet sich in der Krankenakte von Zachary Griffith, dessen Leidensweg durch das St. Matthews Nursing Home uns in umgekehrt chronologischer Reihenfolge präsentiert wird. Und so lesen wir uns durch die Notizen seiner Pfleger_innen, die anfangs das Bild eines schwerkranken, dementen Mannes ergeben. Je weiter wir vorblättern und je näher wir seiner Aufnahme im Hospiz kommen, desto schwammiger wird dieses Bild. Was hat es mit dem mysteriösen Stein auf sich, den Griffith bei seinem Tod in der Hand hielt? Warum findet sich in seinem Zimmer ein Urlaubsbild seiner Pfleger_innen? Warum hat er seinen Spinat nicht aufgegessen, obwohl er das Blattgemüse so mochte? Die drei Pfleger_innen, die sich hauptsächlich um den Protagonisten kümmern, widersprechen sich nicht nur ständig, sondern schwärzen sich auch gegenseitig bei der Leitung des Heimes an.

Die Dreiecksbeziehung zwischen ihnen macht die Sache nicht unkomplizierter. Was schlussendlich die Todesursache war, wird nicht explizit geklärt – in dieser Hinsicht funktioniert der Comic wie eine Detektivgeschichte, die zum Mitraten einlädt. Die englischen Texte von David „LuvDav“ Hofer-Zeni wirken stellenweise fast zu poetisch für die Krankenakte, treiben die Geschichte aber dennoch gut voran. Die Zeichnungen von Verena „Nudlmonster“ Loisel, hauptsächlich in Pastelltönen gehalten, sind wunderschön und voller süßer Details, die es zu entdecken gilt. Überhaupt sind es die Kleinigkeiten, die dieses Projekt so reizvoll machen: Von der liebevoll gestalteten Krankenakte über die Nebenfiguren, die das St. Matthews Nursing Home zum Leben erwecken, bis hin zum Bonus-Content am Ende des Bandes wirkt hier alles stimmig und gut durchdacht. Das offene Ende könnte auf manche Leser_innen allerdings frustrierend wirken.
 

David Hofer-Zeni und Verena Loisl
The Medical Records of Mr. Zachary Griffith
Selbstverlag, 18 Euro
Erhältlich z. B. bei Bunbury’s Comics

Joël Adami liest neben dem Studium manchmal gerne Comics.

AutorInnen: Joël Adami