Actionheldin im Hintergrund
Wenn Heldinnen fallen, Autos explodieren und sich erbitterte Gegnerinnen duellieren, ist sie zur Stelle. Cornelia Dworak arbeitet als Stuntfrau.
Wenn Heldinnen fallen, Autos explodieren und sich erbitterte Gegnerinnen duellieren, ist sie zur Stelle. Cornelia Dworak arbeitet als Stuntfrau.
Stürze aus großer Höhe, rasante Autofahrten, Kampfduelle – was für manche außergewöhnliche Adrenalinkicks sind, ist für Cornelia Dworak Alltag. Die 31-Jährige arbeitet als Stuntfrau, in Österreich eine Seltenheit. Deshalb studierte Dworak auch Biologie mit Schwerpunkt auf Zoologie, die Stunts kamen nebenbei und schleichend. „Ich hab während des Studiums jemanden getroffen, der das gemacht hat und meinte: ‚Das wäre was für dich.‘ Zuerst habe ich mir gedacht: ‚Schwachsinn – gerade in Österreich. Und der gesamte Beruf ist ja irgendwie absurd‘“, erzählt die Stuntfrau.
Angefangen hat es mit einem Interesse für Tanz und Bühnenkampf, Kindertanz, Puppentheater und viel Sport. Trainings und Workshops auf der ganzen Welt folgten. 40 Stunden pro Woche in einem Büro zu sitzen, will und kann sich Dworak nicht vorstellen. Am Ende fiel die Entscheidung gegen die Biologie und für das Stuntgeschäft aus: „Ich hab mir gedacht, ich nehm das, was als erstes kommt. Und das waren die Stunts.“ Am Anfang noch bei einer Firma beschäftigt, ist Dworak seit 2009 selbstständige Stuntfrau – und damit in Österreich alleine auf weiter Flur. Denn die Stuntszene ist klein und Frauen sind eine Ausnahmeerscheinung. Die meisten Stuntfrauen üben andere Berufe aus und arbeiten nur hin und wieder für Film oder Bühne.
Heldinnen? – Fehlanzeige! Dworak schätzt die Zahl der aktiven nebenberuflichen Stuntfrauen in Österreich auf rund fünf. Dass es nicht mehr sind, liegt vor allem daran, dass Frauen in Filmen immer noch seltener als Männer in Gefahr geraten. Sei es auf Bühnen oder im Film, kaum eine Frau prügelt sich, wird überfahren oder fällt die Treppe hinunter. Die starken Actionheldinnen finden sich überhaupt nur in Hollywood. „Ich habe viel mit allen möglichen Waffen gearbeitet“, sagt Dworak. „Aber wann kommt man als Frau schon mal dazu, das auf der Bühne auch zu machen?“, fragt sie. Deshalb hat die Stuntfrau ein breites Repertoire – vom Autofahrenbis zum Bühnenkampf. Sie erarbeitet Kampfchoreografien und Anleitungen für SchauspielerInnen.
Zwischendurch unterrichtet sie auch, macht Workshops und hält Stunden in einer Schauspielschule. Im Unterschied zu den USA gibt es für SpezialistInnen in Österreich allerdings wenig Platz. Neben dem Können kommt es auch auf die Statur an – für die Haarfarbe gibt es Perücken, aber die Körpergröße muss in etwa passen. „Ich kann zwar keine Ein- Meter-sechzig-Frauen doubeln, dafür bin ich auch schon für Burschen gefallen“, schmunzelt Dworak. Auch wenn sich Frauen nur selten durch Filme prügeln, spielt der Kampf eine wichtige Rolle in Dworaks Alltag. Einige Jahre lang hat sie aktiv Kampfsport gemacht, jetzt trainiert sie eher die eleganten Choreografien des Bühnenkampfs wie etwa Fechten. Beides ist in österreichischen Theaterund Filmproduktionen jedoch wenig gefragt: „Der unbewaffnete Kampf, den ich dort mache, ist sehr neutral. Normalsterblichengerangel. Ohne irgendeine Ausbildung, einfach drauflos, das wird hier am ehesten gebraucht.“ Damit stehen die westlichen Bühnen und Filme mit ihrem „dreckigen“, unpräzisen kämpfen in starkem Gegensatz zu Asien, wo es häufig auf die Kunst des Kämpfens ankommt, erklärt Dworak.
Konzentration statt Kick. Ein Leben voller Höhenstürze und Fechteinlagen – klingt aufregender als es ist, meint die 31-Jährige. „Als Profi kann man es gar nicht wegen des Kicks machen. Die Chance, dann eine Verletzung davonzutragen, ist viel zu groß.“ Stattdessen muss man vorher genau abwägen, wie groß das Risiko ist und wie man es minimieren kann. Es geht um Kontrolle und Kalkulation. „Es ist eher so, dass man sich auch einmal trauen muss, einfach nein zu sagen,“ so Dworak. Denn der Körper ist das Werkzeug der Stuntfrau. Verletzt sie sich, bedeutet das Arbeitspause. Als Frau in einer Männerdomäne hat Dworak keine Probleme: "Ich glaube schon, dass einem als Frau skeptischer gegenübergetreten wird. Man muss sich mehr beweisen. Aber sobald man das geschafft hat, ist es überhaupt kein Problem mehr.“ Trotzdem wurde ihr Auto, auf dem eine Werbung für ihr Stuntgeschäft angebracht ist, automatisch ihrem männlichen Begleiter zugeordnet. „Ich denke, es kommt auf den Typ an, nicht aufs Geschlecht.“
Manchen würde dieser Beruf eben liegen, anderen nicht. Genauso müssten sich Automechanikerinnen beweisen, und dass, „obwohl es genauso viele Männer mit zwei linken Händen gibt“. Ewig wird Dworak den Beruf als Stuntfrau nicht ausüben können. „Körperlich ist man sicher irgendwann zu alt dafür“, sagt sie. Dann muss sie ihre Schwerpunkte verlagern – weg von heftigen Stürzen, hin zu Choreografien oder Präzisionsfahrten mit dem Auto. Hier zählt die Erfahrung.