Redaktion

Macron und die Zwei-Klassen-Hochschule

  • 18.06.2019, 15:18
Eine neue Europäische Netzwerkinitiative soll den EU-Raum an die Spitze der Universitäts- räume setzten. Doch die Initiative der EU-Kommission fällt weit zurück hinter bildungspolitische Errungenschaften, die im europäischen Hochschulraum als Standards gelten.

Im September 2017 spricht Emmanuel Macron an der Sorbonne in Paris. In der viel beachteten Rede skizziert Macron unter der Beifallsbekundung der Vertreter_innen aus Politik und Wirtschaft seine Vision für eine Welt, die er im Umbruch sieht. Von Klimapolitik und globalisierter Wirtschaft sowie den Herausforderungen der Digitalisierung ist dort die Rede. Die Antworten, die er auf diese Fragen präsen- tiert, schlagen die üblichen Klänge der neoliberalen Ideenwelt an – sie sind somit nicht neu, tönen aber von vermeintlichem Fortschritt und liberaler Ethik – auch im Bereich der Hochschulbildung. Macron spricht zum ersten Mal von einer Europäischen Uni- versität. Und zündet damit ein Feuer. Deshalb ist es sinnvoll sich genauer anzusehen, was aus seiner Idee einer Europäischen Elite Universität geworden ist – denn ihre Auswirkungen sind nur allzu vorhersehbar.

Macron ließ in seiner Rede verlautbaren: „I thus want a European Intelligence Academy to be crea- ted, to strengthen the ties between our countries through training and exchanges.“1 Warum diese Anstrengung? Eine Deutung wäre, dass durch den Brexit Europa mit Oxford und Cambridge zwei ausgewiesene akademische Standpunkte verlieren würde und man dem eine exzellente Europäische Universität entgegen hält. Denn schon 1999 vor genau 20 Jahren verständigten sich die Minister_in- nen in Bologna zur absoluten Wettbewerbsfähigkeit des sogenannten Europäischen Hochschulraumes: „Insbesondere müssen wir uns mit dem Ziel der Ver- besserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems befassen.“2 Doch was in der Rede Macrons als eine Europäische Universität geplant war, ist von der Europäischen Kommission im Zuge des Vorhabens der European Education Area (EEA) gleich zu einem ganzen Netz- werk aus Europäischen Unis gemacht worden. Denn die Europäische Kommission nahm den Vorschlag Macrons mit Kusshand, um etwas durchzusetzen, das zwar so ähnlich wie der Bolognaprozess ist, aber aber weit aus elitärer und den Zugang zu Hochschu- len weiter massiv beschränkt wird.

Was nach Interkulturalität klingt, ist eine europäi- sche Exzellenzinitative, die ein Elitenetzwerk schaf- fen soll. Denn gefördert werden sollen nur wenige ausgewählte Universitäten. Das erklärte Ziel der europäischen Kommission ist dabei den EU-Raum im Feld der Higher Education nicht nur fitter zu ma- chen, sondern zum besten Hochschulraum weltweit. Dem zugrundeliegend ist ein von Wettbewerb und Verwertungslogik durchsetztes Bildungsverständnis, wie es bereits seit 20 Jahren an den europäischen Hochschulen praktiziert wird.

Elitenetzwerk getarnt als europäische Universität?

Die EU Kommission hat in einer Ausschreibung festgehalten, wie eine Koope- ration von Hochschulen genau aussehen muss, um eine „European University Alliance“ zu sein. Die erste Ausschreibung um als Netzwerk gefördert zu werden, wurde 2018 veröffentlicht. Bei der Europä- ischen Kommission heißt es, dass transnationale Al- lianzen, europäische Werte und Identität gefördert und die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der eu- ropäischen Hochschulbildung revolutioniert werden sollen. Und zwar nach dem Prinzip, dass ein solches Netzwerks aus Universitäten bestehen soll, die einen ausgewogenen geografischen Bereich abdecken und eine gemeinsame Strategie zur Exzellenz, Nach- haltigkeit und europäischen Werten entwickeln.

Für Studierende soll es vielfältige Programme und Mobilität auf allen Studienstufen geben. Interdis- ziplinarität zwischen Studierenden, Forschenden und Lehrenden der Universitäten sollen so ebenfalls entstehen. Ein Netzwerk besteht mindestens aus vier Universitäten, die einen engen Austausch unterein- ander pflegen, die sich durch besonders hohe Quali- tät auszeichnen und einen europäischen Wertekodex wahren. Klingt nun nicht verkehrt, doch schaut man in die Konditionen ergibt sich ein anderes Bild. Vor allem vor dem Hintergrund eines breiten Hochschul- raumes.

Zur Ausschreibung – Wer wird zu welchen Konditionen gefördert?

Zur Umsetzung dieser illustren Pläne, muss aber na- türlich über Geld gesprochen werden. Für die erste Förderrunde wird von der Europäischen Kommission für den Zeitraum 2019 bis 2021 ein Gesamtbudget von rund 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Doch woher kommt das Geld? Dieses Geld wird aus dem Erasmus+ Topf der EU entnommen, einem Topf der für die Breitenförderung von kulturellem und wissenschaftlichem Austausch für Studierende, insbesondere für die Ermöglichung von Mobilität an Hochschulen im Ausland gedacht ist. Zwar ist geplant diesen zu verdreifachen, eine gleichwertige Erasmus- förderung und eine European University Network Förderung sind mit einer Verdreifachung nicht zu tilgen. Gefördert werden zwischen 20 bis 40 Univer- sitäten mit bis zu 60 Millionen Euro. Das scheint im ersten Moment wenig Geld zu sein, soll aber nach der Pilotphase erhöht werden. Zudem haben Bildungsmi- nisterien von EU-Mitgliedstaaten, wie Deutschland oder Frankreich bereits angekündigt zusätzlich Geld in Millionenhöhe in das Projekt zu geben.

Reichenförderung und Verlust der studentischen Mitbestimmung. 

Doch die erste Ausschreibung bringt eine Reihe an Proble- men mit sich. Neben Universitäten und öffentlichen Forschungsinstituten sollen zum Beispiel auch privatwirtschaftliche Forschungszentren gefördert werden, was aus sozialer Sicht nur eine weitere Verschiebung der finanziellen Ungleichheit der aka- demischen Landschaft darstellen würde. Denn dabei geht es nicht nur allein um Drittmittelfinanzierung, sondern ganze privatwirtschaftlich agierende For- schungsunternehmen können gefördert werden. Das beeinträchtigt also wissenschaftliche Freiheiten und verquickt Wirtschaft und Bildung noch Verstärkter. Bildung als öffentliches Gut? Fehlanzeige!

Auch Errungenschaften, die über lange Zeit erst erkämpft werden mussten und die immer wieder in Gefahr sind revidiert zu werden, wie etwa demokra- tische Beteiligung von Studentinnen und Studenten in universitären Entscheidungsprozessen, die Si- cherstellung von adäquaten Arbeitsbedingungen der Angestellten der Hochschulen und das Bekenntnis zur Förderung von Studierenden aus einkommens- schwächeren Haushalten, um eine bessere soziale Durchmischung an den Hochschulen zu erreichen, sind in den Bedingungen nicht zu finden.

Weder müssen die europäischen Universitäten de- mokratisch ausgerichtet sein, noch muss bei ihnen sichergestellt werden, dass es keine Studiengebüh- ren gibt. Somit hängt es immer davon ab, ob es in dem Land in dem ein Student oder eine Studentin eingeschrieben ist Studiengebühren gibt. Für den engen internationalen Austausch, den die Hoch- schulen anstreben, wird ein Ausschluss von Studie- renden durch Studiengebühren durch einige Länder also billigend in Kauf genommen. Unter der Frage, “What will this action support?”, werden zwar fi- nanzielle Unterstützungen hinsichtlich des Manage- ments angeboten, kein Wort wird aber zur studenti- schen Selbstverwaltung verloren. Eine Entwicklung, die zumindest nachdenklich stimmt.

Hochschulen im „Ostblock“ werden nicht gefördert.

Hinsichtlich der angestreb- ten hohen Rate des Austauschs von 50 Prozent von Studierenden und Lehr- und Forschungspersonal die an verschiedenen Orten studieren sollen, sogenann- te Out-Goings, wird jedoch nicht genug Geld zur Verfügung gestellt um einen Auslandsaufenthalt finanziell zu garantieren. Darauf jedoch hat die EU- Kommission bereits eine Antwort gefunden, denn „Mobility“ kann auch virtuell sein. Studierenden, die das nötige Kleingeld haben, wird die Möglichkeit gegeben an vier Universitäten zu studieren. Studie- renden die nicht im Geld schwimmen, dürfen dann „virtuell“ mobil sein, und sich online Vorlesungen aus Paris, Warschau und Madrid anschauen.

Die Ausschreibung begünstigt gut finanzierte und wohlhabende Institutionen in Ballungsräumen,
die leichter auf Projekt- oder Forschungsfinanzie- rung zugreifen zu können. Fachhochschulen oder Hochschulen aus der Peripherie werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht Teil des Netzwerks wer- den. Auch die regionale Balance im europäischen Kontext, die der Aufruf vorsieht, steht auf tönernen Füßen. Denn während die europäische Hochschul- landschaft in Westeuropa in drei Regionen unterteilt wird, wird der gesamte Osten in den sogenannten Mittel- und Osteuropa-Block zusammengefasst. Um die von der Kommission avisierte Balance zwischen den Regionen herzustellen, reicht es nach aktuellem Stand also aus, nur eine Universität aus dem ehema- ligen Ostblock und alle anderen aus Westeuropa zu haben.

In welches Europa der Zukunft führt die Initiative?

Die Pläne der EU- Kommission bieten also erheblichen Grund zur Kritik. Sie zementieren ideologisch die neoliberale 

Politik der Elitenförderung und tragen zur weiteren Öffnung der sozialen Schere – zwischen Arm und Reich – bei. Nicht nur durch Förderung derer, die es am wenigsten notwendig haben, sondern auch durch eine erneute Bevorzugung der westeuro- päischen Länder. Gerade im Kontext eines Euro- pas das mit einem immer stärkerem Rechtsruck konfrontiert ist, ist es alarmierend, nicht über die Bildungspolitik Brücken zu bauen, sondern eine paternalistische Bevorzugung der EU-Mitgliedslän- der voranzutreiben und damit den europäischen Hochschulraum aus dem Blick zu verlieren. Somit wird ein Auseinanderdriften Europas eher befeuert als gehemmt. In Zeiten eines instabilen und desola- ten Europas, in Zeiten von Brexit und Co wird aktiv eine Bildungspolitik der Entsolidarisierung und der Eliten betrieben. Es ist große Vorsicht geboten, wenn die europäische Hochschullandschaft statt auf Breitenförderung und demokratische Teilhabe, in Zukunft noch stärker auf Wettbewerb und öko- nomischer Verwertung setzt.

Nathalie Schäfer ist seit zwei Jahren beim fzs (dem deutschen Pendant zur Österreichischen Hochschüler_ innenschaft) sowie auf europäischer Ebene im Board der European Students Union ESU aktiv.

Sebastian Berger ist ehemaliger Studierendenvetreter der Österreichischen Hochschüler_innenschaft und derzeit Vorstandsmitglied der European Students Union ESU.

1 http://international.blogs.ouest-france.fr/archi- ve/2017/09/29/macron-sorbonne-verbatim-euro- pe-18583.html

2 https://www.bmbf.de/files/bologna_deu.pdf

Die ÖH spricht mit deiner Stimme – nur welche soll es sein?

  • 22.05.2019, 11:54
Die Progress-Redaktion hat alle antretenden Fraktionen befragt. Macht euch selbst ein Bild und vergesst nicht wählen zu gehen von 27.-29. Mai. (Der RFS hat bis Redaktionsschluss nicht auf unsere Fragen geantwortet.)

Die Regierung erfüllt euch drei Wünsche. Welche wären das?

AG: Mehr Budget, höhere Beihilfen, Österreichweites Studententicket

VSStÖ: Erhöhung des Budgets für Hochschulen auf 2% des BIP, Abschaffung von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen, Einführung eines Beihilfensystems, dass uns Studierenden ein schönes Leben ermöglicht

GRAS: 1. Umsetzung einer Klimapolitik im Rahmen der 1,5 Grad Ziele 2. freier und sozialer Zugang zu Bildung statt soziale Selektion 3. von der Politik zurücktreten

FLÖ:  – Ausfinanzierung der Hochschulen – Starkes Studienrecht für Studierende und alle Hochschultypen – Wissenschaftliche Erkenntnisse als Grundlage bildungspolitischer Entscheidungen

JUNOS: Ausfinanzierte Hochschulen mit nachgelagerten Studiengebühren, faire Zugangsbeschränkungen mit studentischer Mitbestimmung und Weltoffenheit an unseren Hochschulen.

KSV-lili: Von dieser rechts-rechtsextremen Regierung erwarten wir uns nichts, sondern wollen sie politisch bekämpfen. Unser einziger Wunsch ist also, dass sie sich auflöst.

No Ma'am: Freibier Einen 2. Donnerstag pro Woche Nochmal drei Wünsche

KSV-KJÖ: Rückkehr zum Diplomstudium und eine Abkehr vom Bologna-System. Rücknahme des UG 2002 und eine Demokratisierung der Hochschulen. Schaffung von günstigen Wohnungen für Studierende.

 

Im vergangen Jahr haben viele Unis neue Aufnahmeverfahren und Aufnahmetests eingeführt. Wie steht ihr zu diesen Maßnahmen?

AG: Wir begrüßen diese Maßnahmen, weil sie mehr Qualität für die Studierenden sicherstellen. Keine Wartelisten, keine überfüllten Kurse und Hörsäle mehr.

VSStÖ: Wir stehen für einen offenen Hochschulzugang, d.h., dass niemand durch Aufnahmetests oder teure Vorbereitungskurse von einem Studium abgehalten werden soll.

GRAS: Die GRAS steht für ein freies Studium für alle. Es muss einen fairen und sozialen Zugang zu Bildung geben und keine soziale Selektion.

FLÖ: Wir stehen für einen freien, offenen Hochschulzugang, und gegen jegliche weitere Aufnahmeverfahren.

JUNOS: In einigen überlaufenen Studiengängen sind solche Verfahren unvermeidbar. Wir fordern aber faire, mehrstufige Verfahren mit studentischer Beteiligung.

KSV-lili: Die Erfahrung zeigt, dass die Tests nichts verbessern, sondern Studierende aussortieren, die esmschwerer haben, z.B. aufgrund sozialer Herkunft oder Behinderung.

No Ma'am: Jedem angehenden Studierenden soll der sprechende Hut aufgesetzt werden, da dieser ohnehin am besten weiß, was für jeden/jede der richtige Studiengang ist.

KSV-KJÖ: Aufnahmeverfahren sind sozial selektiv und nur eine Symptombehandlung des eigentlichen Problems. Mehr Raum und Personal würden einen besseren Lösungsansatz darstellen.

 

Wie steht ihr zu Studiengebühren?

AG: Lehnen wir grundsätzlich ab.

VSStÖ: Studieren muss für alle möglich und damit auch unabhängig von der finanziellen Situation machbar sein. Deswegen sind wir ganz klar gegen Studiengebühren.

GRAS: Studiengebühren stellen eine enorme Hürde dar und wirken stark sozial selektiv. Studieren muss allen möglich sein. Die GRAS fordert daher ein freies Studium für alle.

FLÖ: Wir sind gegen jegliche finanziellen Hindernisse in und vor dem Studium, seien es Studiengebühren, Kautionen oder Aufnahmegebühren.

JUNOS: Wir fordern sozial gerechte nachgelagerte Studiengebühren, die Studierende nicht während des Studiums belasten und direkt in deine Hochschule fließen.

KSV-lili: Unser Ziel ist offene und freie Bildung für alle. Studiengebühren stehen dazu im krassen Gegensatz. Die neoliberale Idee von nachgelagerten Gebühren lehnen wir ab.

No Ma'am: Maximal sechs fünfzig, ohne scharf, zum Mitnehmen.

KSV-KJÖ: Studiengebühren lehnen wir ab. Studierende sind bereits ohne diese finanziell unter Druck. Berufstätige müssten dadurch mehr arbeiten und schließen ihr Studium später ab.

 

Empfindet ihr das derzeitige Beihilfensystem (Familienbeihilfe, Studienbeihilfe,..) für ausreichend? Was würdet ihr verändern?

AG: Die Beihilfen sollen erhöht und an die Inflation angepasst werden. Die Familienbeihilfe soll bis zum 27. Geburtstag ausgezahlt werden.

VSStÖ: Definitiv nicht ausreichend. Es braucht eine Erhöhung der Beihilfen, eine Ausweitung der Toleranzsemester und eine Abschaffung der Altersgrenzen.

GRAS: Uns ist es wichtig, dass Studierende selbstbestimmt studieren können. Um das zu gewährleisten braucht es finanzielle Unabhängigkeit. Die GRAS fordert ein Grundstipendium für alle. 

FLÖ: Wir fordern ein vereinheitlichtes, faires Stipendienystem, damit jedem Studi, unabhängig von der sozialen Ausgangslage, Studieren ermöglicht werden kann.

JUNOS: Wir JUNOS haben ein eigenes Beihilfenmodell entwickelt, das alle Beihilfen integriert, den Bezieher_innenkreis erweitert und den maximalen Betrag erhöht.

KSV-lili: Damit die Universität offener für alle wird, sollten sowohl die Höhe der Beihilfen, als auch die Gehaltsgrenzen der Eltern zur Berechnung der Studienbeihilfe an die Inflation und die steigenden Lebenserhaltungskosten angepasst werden.

No Ma'am: „In meinem Schweini ist zu wenig Geldi.“ (Ralph Wiggum)

KSV-KJÖ: Viele sind nur bis zu einem gewissen Alter beziehbar, und allein durch die Beihilfen kommt man nicht über die Runden. Wir würden die Familienbeihilfe bis 30 beziehbar machen und erhöhen.

 

Ist ein durchschnittliches Studium in Mindestudienzeit abschließbar? Wenn nicht, was sind eurer Meinung nach die Gründe und was kann man verbessern?

AG: Mit dem Zugangsmanagement haben wir bereits einen ersten wichtigen Schritt gesetzt, um die tatsächliche Studiendauer zu verkürzen.

VSStÖ: Probleme: z.B. Voraussetzungsketten, starre Curricula & Arbeit neben dem Studium. Lösungen: soziale Absicherung, flexibles LV-Angebot & Ausbau der Digitalisierung

GRAS: Probleme: Betreuungspflichten, Arbeit, Vorraussetzungsketten Verbesserung: Grundstipendium für alle für finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit, mehr Toleranzsemester 

FLÖ: Eine österreichweite Curriculareform unter dem Aspekt der Studierbarkeit ist dringend nötig, da in vielen Fächern, ein Studium in Mindestzeit utopisch ist.

JUNOS: Wir JUNOS haben ein eigenes Beihilfenmodell entwickelt, das alle Beihilfen integriert, den Bezieher_innenkreis erweitert und den maximalen Betrag erhöht.

KSV-lili: Wie lang man braucht um zu studieren ist von Person zu Person unterschiedlich und allen sollte es möglich sein die ihnen angemessene Zeit in Anspruch zu nehmen.

No Ma'am: Qualitativ hochwertige Lehrinhalte ist wichtiger als Mindeststudienzeit. Es ist schwer möglich, die Studienzeit eines technischen Studienganges mit beispielsweise der eines wirtschaftlichen zu vergleichen, da einem dort die ECTS-Punkte oftmals hinterhergeworfen werden.

KSV-KJÖ: Für viele mit einem Nebenjob ist es nicht möglich. Ein echtes Beihilfensystem und günstiger Wohnraum könnte den Druck abschwächen und man könnte sich mehr aufs Studium konzentrieren.

 

Wie steht ihr zur Einschränkung der ÖH, wie sie im Regierungsprogramm festgehalten ist? Sollte sich die ÖH außerhalb von den 4 Wänden der Hochschule politisch engagieren?

AG: Wir finden, die gesetzliche Vertretung der Studierenden sollte alle Studierenden vertreten, nicht nur eine ideologische Minderheit.

VSStÖ: Ja. Studierende und Hochschulen sind ein Teil der Gesellschaft. Als ÖH ist es auch wichtig, sich für Themen wie leistbares Wohnen & gute Sozialpolitik einzusetzen.

GRAS: Ja. Leben, studieren und arbeiten sind ineinander greifende Lebensbereiche. Studierende sind Teil dieser Gesellschaft und somit sind ihre Probleme auch gesamtgesellschaftliche Probleme. 

FLÖ: Eine Einschränkung der ÖH ist nicht notwendig, da wir bereits der Aufsicht der Regierung unterliegen und wir stehen zur Beibehaltung des allgemeinpolitischen Mandats.

JUNOSWir stehen klar zur ÖH als starke Interessenvertretung der Studierenden. Dafür muss sie sich aber ausschließlich für die Interessen der Studierenden einsetzen.

KSV-lili: Die Repressionen kommen wenig überraschend, aber es gilt sich zu wehren. Wir stehen weiter für die exzessive Überschreitung des allgemeinpolitischen Mandats!

No Ma'am: Die ÖH darf auch gerne im Garten verstecken spielen.

KSV-KJÖ: Selbstverständlich! Die ÖH hat sowohl zu politischen Themen Stellung zu beziehen, als auch Service zu leisten. Diese beiden Aspekte der ÖH gehen Hand in Hand.

 

Fridays For Future: Wie steht ihr zu dieser Bewegung?

AG: Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Um die Ziele zu erreichen, braucht es mehr als nur Demos. Wer fordert, muss auch handeln.

VSStÖ: Es ist toll zu sehen, wie viel junge Menschen gemeinsam bewegen können! Die Klimafrage ist eine soziale Frage und Fridays for Future eine ungemein wichtige Bewegung!

GRAS: FFF ist extrem wichtig. Klimakrise ist schon lange kein Fremdwort mehr und die Folgen davon sind bereits deutlich spürbar. Die GRAS setzt sich für die Umsetzung einer grünen Uni ein. 

FLÖ: Wir unterstützen es, wenn sich gerade junge Menschen engagieren. Das Klima geht uns alle etwas an, auch uns Studierende!

JUNOS: Wir sehen unsere Aufgabe als ÖH-Fraktion nur im Hochschulbereich. Wir setzen uns aber im Rahmen der Vertretung der Studierenden für Nachhaltigkeit an den Unis ein.

KSV-lili: Wir begrüßen den Aktivismus der Schüler*innen. Hatten frühere Öko-Bewegungen oft Querfrontpotential, hoffen wir hier auf eine linke & radikale Perspektive.

No Ma'am: Sehr gut. Freitags nicht in die Schule zu gehen ist eine gute Vorbereitung auf das Studium, denn da macht keiner was an einem Freitag.

KSV-KJÖ: Positiv! Leider verschweigt man oft die Rolle des globalen Kapitalismus, der auf Kosten der Umwelt Profitmaximierung anstrebt.

 

Wie steht ihrzu Schwarz-Blau?

AG: ​Wie mit jeder Regierung davor, bemühen wir uns auch mit der türkis-blauen um eine gute Verhandlungsbasis für unsere Forderungen.

VSStÖ: Wir stehen immer auf der Seite der Studierenden. Mit Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen und weniger Sozialleistungen zeigen sie uns, dass sie das nicht tun.

GRAS: Schwarz-Blau steht für Diskriminierung, Einschränkung von Studierenden, Sozialabbau und ein rückschrittliches Weltbild. All das lässt sich nicht mit unseren politischen Werten vereinbaren. 

FLÖ: Grundsätzlich kritisch und ihre Maßnahmen bzw. ihre Ansätze werden nicht zur Verbesserung der Studienbedingungen beitragen.

JUNOS: Die Reformen der Regierung im Hochschulsektor reichen nicht aus, um die echten Probleme zu lösen. Wir fordern echte Visionen und Weltoffenheit an den Hochschulen!

KSV-lili: Diese Regierung steht für alles was wir ablehnen. Unsere Antwort heißt Widerstand!

No Ma'am: Eine sehr schlechte Lidschattenkombination.

KSV-KJÖ: Die Bundesregierung ist eine aggressive Marionette der Wirtschaft und wird die hart erkämpften sozialen Errungenschaften nach und nach abschaffen.

 

Mit wem würdet ihr gerne koalieren? Wen schließt ihr aus?

AG: Wir arbeiten mit allen, die bereit sind unser Programm mitzutragen.

VSStÖ: Es sollte nicht überraschen, dass wir mit dem RFS eher wenig gemein haben. Wir haben viele Ideen und koalieren gerne mit jenen Fraktionen, die diese mit uns umsetzen wollen.

GRAS: Wir koalieren natürlich nicht mit Rechtsextremen. Wir stehen jeglichen Koalitionen offen mit Fraktionen die gemeinsam an der nachhaltigen, freien und offenen Hochschule für alle arbeiten möchten. 

FLÖ: Wir sind offen für Gespräche mit all jenen Fraktionen, die unseren Grundsätzen entsprechen und und wenn nötig auch Kritik an der Regierung üben können.

JUNOSWir sind bereit, mit allen zu koalieren, denen mehr Qualität im Studium ein Anliegen ist. Allerdings schließen wir extreme Fraktionen (RFS, Kommunisten) aus.

KSV-lili: Wir schließen eine Koalition mit den rechtsextremen und rechten Fraktionen aus, sowie mit der neoliberalen Spaßtruppe. Unser Ziel ist eine linke ÖH, die Widerstand leistet.

No Ma'am: Wir schließen den RFS und die Kommunisten aus, da wir mit Spaßfraktionen nichts anfangen können.

KSV-KJÖ: Grundsätzlich reden wir mit jedem, der Verbesserungen für Studierende will. Aber wir sind auf keine Koalition angewiesen und können ebenso in der Opposition arbeiten.

Schutz suchen

  • 21.10.2015, 15:50

In den nächsten Tagen wird das Thema Flucht progress-online dominieren. Ein Überblick.

Ende Oktober präsentiert progress mehere Beiträge zum Thema Flucht. Ein Überblick über das Thema.

 

Fluchtgründe

Was für Gründe brauchen Menschen, um in Österreich Asyl gewährt zu bekommen? Grundsätzlich regelt das das Asylgesetz 2005, das sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention bezieht. 150 Staaten haben 1951 in dieser festgehalten, dass Geflüchtete eine „wohlbegründete Furcht vor der Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Meinung oder  Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ haben müssen, um als solche anerkannt zu werden. Allerdings müssen Refugees den österreichischen Beamten glaubhaft machen, dass sie wirklich persönlich verfolgt werden – eine schwierige Aufgabe, wie auch das Beispiel von LGBTI*-Flüchtlingen zeigt. Kriegsflüchtlinge werden meist nicht persönlich verfolgt, ihnen droht in ihrer Heimat jedoch Gefahr, weshalb sie subsidiären Schutz gewährleistet bekommen. Dieser Schutz vor Abschiebung gilt jedoch nur ein Jahr und muss danach erneuert werden. Eine ganze Reihe Gründe können gegen den Asylstatus in Österreich sprechen, zum Beispiel wenn ein anderer Staat der Dublin III-Verordnung für das Asylverfahren zuständig ist oder die Asylsuchenden Schutz in einem „sicheren Drittland“ finden können.


Krieg spielen

Die Belagerung Sarajevos im Bosnienkrieg ist die Inspiration für das Videogame „This War of Mine“ (PC, OS X, Linux, iOS, Android, Playstation, Xbox One, mindestens 14,99€). Hier spielt man zwei junge Männer und eine Frau, die gemeinsam versuchen, in einer zerstörten und gefährlichen Stadt zu überleben. Zwischen den Charakteren wechselnd muss man sich auf die Suche nach Nahrung machen, die verwahrloste Unterkunft reparieren und sich gegen andere plündernde Menschen verteidigen. Das rundenbasierte Gameplay bleibt einfach und macht einem Albtraum-Artwork und einer gruselig-eindringlichen Soundkulisse Platz. Die Atmosphäre ist durchgehend bedrohlich, auch die ruhigen Spielsequenzen bleiben angsteinflößend. „This War of Mine“ spielt man daher wahrscheinlich nur einmal, aber dafür ist das Spielerlebnis umso intensiver.

 

Lesestoff

Das Thema Flucht beschäftigt das progress schon seit längerem. In einer Printausgabe war es Dossierthema, dort wurden zum Beispiel anhand Hunger ist kein Asylgrund die grundlegenden Probleme des österreichischen Asylsystems beleuchtet. In Schlepperei in Zeiten unbegrenzter Grenzen haben wir über den Begriff der Schlepperei und den der Fluchthilfe geschrieben. Mit dem Verein Hemayat haben wir in Ein Schleier, der sich über die Existenz legt über die psychotherapeutische Betreuung von traumatisierten Folter- und Kriegsüberlebenden gesprochen. Mit dem Obmann von „Asyl in Not" gibt es einen Podcast: Kampf für das Recht auf Asyl. Die Refugee-Proteste der letzten Jahren haben wir in den Artikeln Menschenrechte statt Charity, Wenn alles am Spiel steht und Inside the Refugeeprotest begleitet. Von der Situation unbegleiteter Minderjähriger haben wir unter dem Titel Minderjährig, allein und auf der Flucht berichtet und eine Reportage von der Insel Lampedusa haben wir im Sommer 2015 gebracht: „Hier wird die Problematik von Grenzen bewusst“ und Allein im Mittelmeer. Die besonders Schwere Situation von LGBTI*-Flüchtlingen haben wir mit Kein Asyl ohne Erektion beleuchtet. Flucht ist aber (natürlich) nicht nur in Europa ein Thema, sondern auch in Amerika: In Grenz(t)räume haben wir zentralamerikanische Migrant_innen auf ihrer Reise in die USA begleitet.

 

Wortwahl

Weil die „ling“-Endung unnötig verniedlichend oder abwertend  klingt, pochen viele Aktivist_innen darauf, im Umgang mit Flucht stattdessen lieber von „Geflüchteten“ zu sprechen. Weiters sind Begriffe wie Asylant_innen oder Asylwerber_innen bereits derart negativ konnotiert, dass auch von ihrer Verwendung mittlerweile abzuraten ist. Stattdessen bietet sich der Begriff „Asylsuchende“ an, zumal ja nicht um Asyl „geworben“ wird, sondern das Asylrecht als ein grundlegendes Menschenrecht in Anspruch genommen wird. Ein anderes Wort, das Menschen beschreibt, die flüchten, ist das englische „Refugee“, das mittlerweile auch im deutschen Sprachraum Fuß fasst. Es kommt vom Wort „refuge“, was so viel wie Schutzort oder Zufluchtsort bedeutet, „Refugees“ sind somit Zuflucht- oder Schutzsuchende.

#oehwahlfahrt

  • 04.05.2015, 19:10

Zur ÖH-Wahl interviewen wir die Spitzenkandidat_innen der Fraktionen in ungewöhnlichen Settings.

Mit Lucia Grabetz (VSStÖ) fahren wir mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof und sprechen über die Heimförderung, die Gemeinsamkeiten mit der Mutterpartei und darüber, was die aktuelle ÖH nicht so gut umgesetzt hat.

 

That's how we roll! Und zwar mit Philip Flacke (FLÖ - Fachschaftslisten Österreich) durch den Türkenschanzpark. Dabei sprechen wir über BiPol-Nerdigkeit, die Relevanz von ÖH-Räumlichkeiten an Unis und darüber, was die aktuelle Bundesvertreung nicht so gut gemacht hat.

 

Jens Eipper von der AG kutschieren wir durch die Innenstadt um ihn zu fragen, was er zum Narrativ der deutschen NC-Flüchtlinge sagt, wieso er doch gegen Studiengebühren ist und was die letzte ÖH richtig gemacht hat.

 

Mit der Liliputbahn geht es gemeinsam mit Magdalena Goldinger (FEST) durch den Prater. Wir reden über sinnvolle Anwesenheitspflichten, Zugangsbeschränkungen an Kunstunis und was eigentlich eine FH zu einer FH macht.

 

Für die zweite Runde haben wir uns bei einem hippen Carsharing-Unternehmen ein flottes Cabrio ausgeborgt, um mit Niko Swatek (JUNOS) am Weg von der Mahü zur FHWien über nachgelagerte Zwangsstudienbeiträge, ein gemeinsames Bildungsministerium und unbezahlte Praktika zu reden.

 

In der Wahlfahrt-Premiere nahmen wir mit Meryl Haas (GRAS) die Fahrrad-Rikscha durch den Prater zur WU. Olja Alvir spricht mit ihr über Gender-Budgeting, Koalitionspoker und grünes Bürger_innentum.

Kühnengruß bei Pegida Wien 2.0

  • 20.04.2015, 12:40

Der Karlsplatz wurde am 19. April zum Schauplatz der zweiten Kundgebung des österreichischen Pegida-Ablegers. Das Gebiet um die Kundgebung wurde von der Polizei großflächig abgesperrt, um ein Zusammentreffen mit Gegendemonstrant_innen zu verhindern. Christopher Glanzl war für progress online mit seiner Kamera dabei.

Der Karlsplatz wurde am 19. April zum Schauplatz der zweiten Kundgebung des österreichischen Pegida-Ablegers. Das Gebiet um die Kundgebung wurde von der Polizei großflächig abgesperrt, um ein Zusammentreffen mit Gegendemonstrant_innen zu verhindern. Christopher Glanzl war für progress online mit seiner Kamera dabei.

Es waren circa 150 Pegida-Sympathisant_innen vor Ort, die sich im innersten Kern des Sperrgitterlabyrinths aufhielten, darunter auch viele Journalist_innen. Wieviele der Anwesenden zivile Einsatzkräfte waren wird wahrscheinlich wieder durch eine parlamentarische Anfrage zu klären sein. 

Aufgrund des tollen Sonntagswetters ließen die Pegida-Anhänger_innen erstmal auf sich warten. 

Nach mahnenden Einführungsworten bezüglich verbotener Grüße ...

... kamen die geladenen Gastredner aus der Schweiz und den Niederlanden zu Wort. 

Sie forderten dabei den NATO-Austritt Österreichs ...

... genauso wie den EU-Austritt, und wetterten gegen die Islamisierung. 

Die Polizei zeigte vier Mitglieder von Die Partei wegen Wiederbetätigung an. 

Als gegen Ende der schweizer Redner zum gemeinsamen Rütligruß aufrief, kam es bei den verbliebenen Teilnehmer_innnen auch zum Kühnen- beziehungsweise Hitlergruß. 

Die Polizei nahm von zwei Teilnehmern die Identitäten auf, ...

... einer wurde zur Vernehmung aufs Revier mitgenommen. 

Auf der Gegenseite kam es aufgrund von Verstößen gegen das Vermummungsverbot ...

... zu weiteren Amtshandlungen. 

Die Schatten der Polizei rücken aus. 

Interessierte Passant_innen beobachten das Geschehen aus der unmittelbaren Ferne. 

Auf der anderen Seite waren um die 700 Gegendemonstrant_innen versammelt, ... 

... die mit „Wirr ist das Volk“ gegen „Wir sind das Volk“ anschrien. 

Pegida-Anhänger_innen bekennen sich als Abtreibungsgegner_innen. 

Das Ende der Veranstaltung wurde von gröhlenden Pegida-Anhänger_innen mit „I am from Austria“ verkündet. 

Die Mär vom rechten Heimchen

  • 20.06.2014, 11:55

Die meisten verbinden mit rechten Frauen Mutterschaft, Heimchen am Herd und die Unterordnung unter den Mann. Doch diese Klischees entsprechen nicht der Wahrheit. progress online hat mit der Politikwissenschaftlerin Judith Götz über Frauen in rechten und rechtsextremen Organisationen sowie über die gesellschaftliche Rolle von Frauen im Nationalsozialismus gesprochen.

Die meisten verbinden mit rechten Frauen Mutterschaft, Heimchen am Herd und die Unterordnung unter den Mann. Doch diese Klischees entsprechen nicht der Wahrheit. progress online hat mit der Politikwissenschaftlerin Judith Götz über Frauen in rechten und rechtsextremen Organisationen sowie über die gesellschaftliche Rolle von Frauen im Nationalsozialismus gesprochen. 

progress online: Mit der Rolle der Frau im Nationalsozialismus verbindet man vor allem Mutterschaft und den sogenannten „Dienst am deutschen Volk“. Welche Geschlechterordnung wurde in der NS-Ideologie propagiert?

Judith Götz: Im Nationalsozialismus wurde eine biologistische, klassisch dichotome Geschlechterordnung lanciert. Für Frauen wurde diese mit Attributen wie Opferbereitschaft, Treue, Selbstlosigkeit, Pflichterfüllung verknüpft und mit dem von den NationalsozialistInnen propagierten Mutterbild verbunden. Kurz nach der Machtergreifung wurde von diesen der Muttertag zu einem staatlichen Feiertag gemacht. Und mit der Einführung des Mutterkreuzes kurz nach Kriegsbeginn wurde auch eine eindeutige Politik forciert, um bestimmte Frauenbilder zu etablieren und zu pushen.

Diese Ideologie stand jedoch oftmals nicht in Bezug mit den gesellschaftlichen Realitäten. Denn durch den Arbeitskräftemangel, der durch die im Krieg eingezogenen Männer ausgelöst worden war, wurden viele Frauen in Arbeitsstrukturen eingebettet. Viele der sogenannten „arischen“ und nationalsozialistischen Frauen konnten damals aus der privaten Sphäre ausbrechen. Und sie haben dieses Ausbrechen als etwas Positives und Emanzipatorisches wahrgenommen. Die Frauen haben es auch als Gleichberechtigung empfunden, dass jeder Mann und jede Frau für das „größere Ziel“ gebraucht wurde. Das ist etwas, auf das sich bis heute rechte und rechtsextreme Frauen berufen.

Es kann also auch von einem rechten Feminismus gesprochen werden.

Es kann diesbezüglich ein rechter und rechtsextremer Feminismus konstatiert werden, in dem einerseits Themen aus der Frauenbewegung aufgenommen wurden und andererseits auch auf die Rolle von Frauen im Nationalsozialismus Bezug genommen wird. Diese Rezeption ist mit der Aufwertung der Frauenrolle, dem Ausbruch aus dem Privaten und der Aufopferung für das höhere Ziel verbunden. Bestimmte Argumentationen gehen bei einzelnen Gruppen sogar so weit zu behaupten,  dass das Judentum das Patriarchat installiert hätte und dass die von jenen propagierte „nordische Rasse“ eine lange Tradition der Gleichberechtigung gehabt hätte. So kann an dieser Stelle, wie auch Rechtsextremismusforscherin Renate Bitzan meint, es kann von „sexismuskritischen Nationalistinnen“ gesprochen werden.

Was unterscheidet diese von linken Feministinnen?

Der Unterschied liegt darin, dass Sexismus oder Unterdrückung von Frauen bei rechten Frauen immer auf das vermeintlich Andere – wie beispielsweise - auf „andere Kulturkreise“ ausgelagert wird. Eine Bedrohung von sexualisierten und sexistischen Übergriffen wird ausschließlich auf ausländische Männer projiziert. Und die Diskriminierung und Unterdrückung in den eigenen Reihen wird komplett ausgespart, ignoriert und negiert. Eine Analyse von anderen Unterdrückungsmechanismen - wie Herkunft, Klasse oder körperliche Beeinträchtigung - wird von den rechten Feministinnen nicht miteinbezogen .

Die zwei rechten Politikerinnen Marine Le Pen und Alessandra Mussolini stammen aus bekannten rechten Familien. Wäre ein Aufstieg von Politikerinnen ohne einen derartigen familiären Background in rechten Parteien überhaupt möglich?

Prinzipiell ist geschlechtsunabhängig zu sagen, dass die familiäre Sozialisation ein Hauptgrund dafür ist, weshalb sich Menschen in rechten bzw. rechtsextremen Strukturen beteiligen. Die Erziehung und die Einordnung in Dominanzstrukturen werden bereits in der Kindheit eingeübt. Insofern finde ich es nicht verwunderlich, dass bekannte rechte bis rechtsextreme Frauen auch aus einschlägigen Familien kommen. Allerdings muss auch immer berücksichtigt werden, dass die Betonung des Einstiegs von Frauen in den Politbereich über Männer auch einer sexistischen Argumentationsweise zuspielt. Natürlich gibt es diese auch. Dennoch scheint es mir wichtig zu betonen, dass rechte Frauen aktive Trägerinnen menschenfeindlicher Gesinnungen sind. Ihr Engagement auf eine abgeleitete Position, die von Männern ausgeht, zu reduzieren, greift meiner Meinung nach zu kurz.

Ich wollte mit meiner Frage keinesfalls der sexistischen Argumentationsweise zuspielen, aber im Hinblick auf andere rechte bis rechtsextreme Parteien stellen Marine Le Pen und Alessandra Mussolini als Parteivorsitzende Ausnahmen dar.

Prinzipiell ist es schon so, dass mit der Höhe der Hierarchieebene der Frauenanteil bei rechten bis rechtsextremen Parteien abnimmt. Und es gibt natürlich weiterhin rechte bis rechtsextreme Frauen, die über Männer in politische Strukturen kommen. Es sind aber bei weitem nicht alle. Denn für Frauen gibt es auch unabhängig von Männern einen Gewinn sich in rechtsextremen Kreisen zu engagieren. Und das muss in der Diskussion auch anerkannt werden. Insofern denke ich, dass es auch für Frauen ohne einen familiären Background möglich ist, in rechten bis rechtsextremen Parteien einen Aufstieg zu machen, auch wenn es natürlich mit familiärer Unterstützung einfacher ist.

Worin liegt der erwähnte Gewinn für Frauen in rechten bis rechtsextremen politischen Organisationen?

Die Forschung hat bewiesen, dass Frauen sich in rechten bis rechtsextremen Spektren engagieren, da sie dadurch einen Machtgewinn durch Selbsterhöhung erzielen können. Diese Frauen betrachten sich als Teil einer rassistisch konstruierten Elite und können durch ihr Engagement ihre eigene Position in der Gesellschaft durch ihre Einbindung in Dominanzstrukturen aufwerten. Teilweise fungiert ihr Engagement auch als Ausgleich für die eigene Unterdrückung und die Absicherung von gesellschaftlichen Privilegien. Das bedeutet, dass eine Frau einerseits in der eigenen Gemeinschaft zwar unterdrückt, jedoch andererseits durch das rechte Engagement belohnt wird, indem diese Frauen eben andere unterdrücken können. Ein psychischer Gewinn ist für jene Frauen auch die Flucht vor Widersprüchlichkeiten, da rechtes bzw. rechtsextremes Gedankengut sehr oft einfache Erklärungen für komplexe gesellschaftliche Fragestellungen bietet. Und durch die klar hierarchischen Strukturen und Symboliken von rechten Organisationen können sie den widersprüchlichen Zumutungen der Gesellschaft entkommen.

NPD Aktivistin Maria Frank. Foto: apabiz Berlin

Haben rechte Frauen dieselben Vorurteile wie Männer?
Bei der Einstellungsebene sind Frauen genauso rassistisch, antisemitisch und nationalistisch wie Männer. Statistisch betrachtet waren jedoch Anfang der 1990er Jahre nur ein Drittel der rechten WählerInnen Frauen. Dieser Anteil ist seitdem beständig angestiegen. Heute liegen wir meistens bei knapp 50 Prozent rechten bis rechtsextremen Wählerinnen. Zuletzt bei der EU-Wahl stimmten jedoch wieder deutlich weniger Frauen für die FPÖ.  Aber auch auf allen anderen Hierarchieebenen ist ein Zuwachs von Frauen zu verzeichnen. Insofern würde ich den zuvor erwähnten Aufstieg von Frauen in rechten bis rechtsextremen Parteien – auch ohne den familiären Background einer Marine Le Pen oder Alessandra Mussolini – nicht ausschließen.

Womit hängt der Anstieg von Frauen in rechten bis rechtsextremen Organisationen zusammen?

Ich denke, dass dies durch das sich wandelnde gesellschaftliche Klima entstanden ist. Heute ist es kein Tabu mehr eine rechte bis rechtsextreme Partei zu wählen. Und ich denke auch, dass sich die Partizipationsfelder von Frauen in rechten und rechtsextremen Kreisen erweitert haben. Es ist nicht mehr so, dass es ausschließlich das „Heimchen am Herd“ ist, das in rechtsextremen Kreisen propagiert wird. Das wäre eine Homogenitätsunterstellung, die der Realität gar nicht mehr entspricht. Denn der Rechtsextremismus bietet den Frauen eine Vielfalt an Betätigungsfeldern. Vereinfacht gesagt: Rechte Frauen können sich heute dafür entscheiden eine Politkarriere anzustreben oder Hausfrau zu werden. Und das ist gerade eben auch in Zeiten von Wirtschaftskrise und zunehmender Ellbogenpolitik am Arbeitsmarkt für manche Frauen eine attraktive Alternative. Prinzipiell kann auch gesagt werden, dass je mehr Organisationen sich sozial oder karitativ betätigen, desto mehr Frauen lassen sich auch antreffen.

Welche Art von rechten „sozialen“ Organisationen gibt es?

Damit meine ich vor allem BürgerInneninitiativen, Elternschaftsvereine oder auch Vereine, die sich für sogenannte „Auslandsdeutsche“ – wie beispielsweise die Sudetendeutschen – einsetzen. Diese bieten für rechte Frauen, eine Möglichkeit, sich politisch zu engagieren.  

Das bedeutet, dass rechte Frauen sich eine Bandbreite an Betätigungsfeldern aussuchen können,  von Skinheadorganisationen, über Mädelschaften bis hin zu rechten Parteien?

Es gibt viele verschiedene Spektren des Neonazismus und Rechtsextremismus. Und in all diesen Spektren sind Frauen aktiv. Natürlich ist eine FPÖ-Parteikarriere etwas ganz Anderes als sich in einer BürgerInneninitative zu engagieren oder etwa rechtsextremes Gedankengut in Elternvereinen umzusetzen. In Bezug auf Burschen- und Mädelschaften muss erwähnt werden, dass in diesen Organisationen die Geschlechtersegregation und das biologistische Ordnungsprinzip sicher am Stärksten zu Tage tritt. Denn deutschnationale Burschenschaften sind nach wie vor exklusive Männerbünde, in denen Frauen nur an bestimmten Tagen bei Veranstaltungen auf die Bude kommen dürfen. In den Mädelschaften gilt selbiges nur anders rum. Interessant ist auch die Tatsache, dass man bei deutschnationalen Burschenschaften von sinkenden Mitgliederzahlen und mangelndem Nachwuchs spricht, während die Mädelschaften an Zulauf gewinnen. In Österreich haben sich in den letzten Jahren drei neue Mädelschaften gegründet: die „Pennale Mädelschaft Sigrid zu Wien“, die „Akademische Mädelschaft Iduna zu Linz“ und die „Mädelschaft Nike“ in Wien. 

Kommt es nicht zu Konflikten zwischen dem Frauenengagement und dem ebenso in der politisch Rechten verankerten Antifeminismus? 

Das Verhältnis der beiden Positionen zueinander kann als ambivalent bezeichnet werden. Auf der einen Seite existiert in der Rechten ein klar antifeministisches Engagement und auf der anderen Seite gibt es auch Adaptionen und Bezugnahmen auf feministische Themen. Und es existieren innerhalb des rechten Politspektrums unterschiedliche Auslegungen davon. Dennoch würde ich meinen, dass durch die Bank Gendermainstreaming, Quoten und sämtliche Bevorzugungen von Frauen komplett abgelehnt werden. In rechtsextremen Kreisen gilt in Bezug auf die Geschlechter noch immer „gleichwertig aber nicht gleichartig“.

Foto: apabiz Berlin

Beim laufenden Gerichtsprozess rund um den NSU (Nationalsozialistischen Untergrunds) steht die rechtsextreme Terroristin Beate Zschäpe im Mittelpunkt des medialen Interesses. Wie ist deine Meinung zu der Berichterstattung über Zschäpe?

In Bezug auf Beate Zschäpe ist zu beobachten, dass sie seitens der Medien einerseits extrem verharmlost und andererseits sexualisiert wird. Die „Bild“ berichtete beispielsweise über die Kleidung von Beate Zschäpe während des Prozesses und titelte „Wo hat die Zschäpe ihre Klamotten her?“ Und auch in anderen deutschen Zeitungen – abseits des Boulevards - wurde sie nur auf reproduktive Tätigkeiten wie beispielsweise Hausarbeit reduziert. Ihr politisches Engagement wurde außen vor gelassen. Das ist ein Diskurs, der die Thematisierung von rechten bis rechtsextremen Frauen medial immer wieder begleitet hat. Es wird seitens der Medien versucht, sensationsorientierte Berichte zu formulieren, um vermeintliche Tabus zu brechen, obwohl die Berichterstattung überhaupt nicht mit den Realitäten im Rechtsextremismus übereinstimmt.

Diese Problematik kann man auch in Österreich in der Berichterstattung über Mädelschaften beobachten. Anfang der 2000er Jahre hatte es im „Kurier“ einen Artikel gegeben, bei dem die Rede davon war, dass die Frauen „statt Säbeln Designertaschen tragen würden“ und dass diese „Sekt statt Bier trinken würden“ und an anderen Stellen lassen sich spitze Formulierungen finden wie: „Die einzigen spitzen Gegenstände, die sie in die Hand nehmen sind Messer und Stricknadeln“ dazu. In diesen Formulierungen wird der verharmlosende, sexistische und belustigende Umgang mit diesen Frauen deutlich. Als Trägerinnen von menschenverachtendem Gedankengut werden sie jedoch nicht ernst genommen.

Birgt diese öffentliche Verharmlosung von rechten Frauen nicht eine Gefahr in sich?

Frauen werden von rechtsextremen Organisationen oftmals auch gezielt für bestimmte Tätigkeiten eingesetzt, weil diese genau wissen, dass rechte Frauen in der Öffentlichkeit nicht ernst genommen werden. Dies ist beispielsweise bei Anti-Antifa-Recherchen der Fall. Denn Frauen fallen in linken Kreisen nicht so auf. Oder bei informelleren Strukturen wie Elternvereinigungen und Kindertagesstätten, die in Deutschland bewusst von rechten Frauen unterwandert werden. Zuerst nehmen die Frauen über die Kinder Kontakt zu anderen Familien auf und dann werden die neuen Bekannten zu einem Dorffest eingeladen, dass sich dann beispielsweise als NPD-Fest herausstellt.

Bis heute wird von linken Feministinnen die Rolle von Frauen im NS verharmlost. In deren Perspektive stellen Frauen als gesamte Geschlechterkategorie Opfer des sogenannten „patriarchalen männlichen Systems NS“ dar. Ist das nicht eine sehr vereinfachende Sicht?

Es ist auf jeden Fall vereinfachend. Allerdings muss man sagen, dass es in der feministischen Diskussion auch drei Phasen gegeben hat. In den 1970ern herrschte das Bild vor, dass die Frauen als Ganzes ein Opfer des patriarchalen Systems Nationalsozialismus gewesen wären und Frauen in ihrer Gesamtheit vom NS-System unterdrückt worden sind. Ende der 1980er Jahre hat Christina Thürmer-Rohr den Begriff der Mittäterinnenschaft eingeführt, womit damals gemeint war, dass Frauen sich an dem industriellen Massenmord von Männern zumindest mitbeteiligt hätten. Bei dieser Sichtweise wurden Frauen jedoch nicht als Täterinnen betrachtet. Real waren Frauen jedoch in den unterschiedlichsten Bereichen des Nationalsozialismus beteiligt. Beispielsweise in der NS-Bürokratie, die einen wichtigen Beitrag zum industriell betriebenen Massen morden geliefert hat, jedoch oftmals von der verharmlosenden Sicht begleitet wird, dass Frauen nur als Stenographinnen und Sekretärinnen tätig waren und in Büros gesessen sind. Ab Ende der 1980er Jahre wurden Frauen sowohl in der Geschichtswissenschaft als auch in der Frauenforschung und damit verbunden in der feministischen Diskussion als Täterinnen anerkannt und entsprechende Schlüsse daraus gezogen.

Welche Rolle spielten Frauen als TäterInnen in der Shoah?

Die nationalsozialistischen Frauen waren auch an der Vernichtungsmaschinerie und dem Vernichtungsprozess beteiligt. Und sie haben natürlich auch ganz genau gewusst, was in den KZs passiert ist und waren wichtige Rädchen im Getriebe des Systems NS. Etwa 10 Prozent des KZ-Personals waren Frauen. Das reicht von Aufseherinnen – insbesondere auch in den Frauen-KZs – bis hin zu SS-Ehefrauen, die in den Lagern mit ihren Männern gewohnt haben und nicht selten KZ-Häftlinge als HaussklavInnen hatten. Nebenbei haben sich diese Frauen auch an dem geraubten Gut bereichert und sich eine gesellschaftliche Besserstellung durch den Aufstieg ihrer Männer erhofft. Aber auch in den Polizeiregimentern, im Sicherheitsdienst und in der Ghettoverwaltung waren Frauen aktiv. Selbst innerhalb der Waffen-SS hatte es eigene SS-Frauenkorps gegeben, diese Frauen waren überzeugte Anhängerinnen der NS-Ideologie.

SS-Helferinnen. Foto: Wikipedia

Wir erleben derzeit einen Aufstieg von rechten Parteien und Organisationen in Europa. Was kann präventiv in der Jugendarbeit mit jungen Frauen getan werden, um sie über rechtsextreme Organisationen aufzuklären?

Das grundlegende Problem an der Präventionsarbeit ist jenes, dass diese vorrangig auf männliche Jugendliche fokussiert ist. Ein Großteil der Präventionsarbeit passiert an öffentlichen Plätzen, wie Parks und Jugendtreffpunkten. Nach wie vor sind bei diesen Treffpunkten primär männliche Jugendliche präsent. Die zweite große Schnittstelle ist Gefängnisarbeit, da es viele Jugendliche gibt, die wegen NS-Wiederbetätigung und Straftaten im Gefängnis sitzen. Dabei wird kaum darüber reflektiert, dass an diesen Orten deutlich weniger junge Frauen anzutreffen sind. Es müssten also Konzepte entwickelt werden junge Frauen zu erreichen.

Da stellt sich in Österreich natürlich die Schwierigkeit, dass es hierzulande kaum Präventionsarbeit gibt. Anders als in Deutschland gibt es abseits des DÖWs keine Anlaufstellen, die beispielsweise in Schulen eingeladen werden können um Sensibilisierungs-Workshops durchzuführen. Die Präventionsarbeit beschränkt sich nicht selten auf den Besuch von KZ-Gedenkstätten. Und es findet oftmals nur eine historisierende Auseinandersetzung mit der Thematik statt. Meiner Meinung nach sollte nicht erst dort angesetzt werden, wo rechtsextreme Straftaten stattfinden, sondern dort wo menschenfeindliche Ideologien gesellschaftliches Zusammenleben beeinflussen. Es müsste vor allem in den Schulen sowie in der Jugendarbeit angesetzt werden. Zudem müsste beides – sowohl ein geschlechterreflektierter Blick, als auch eine verstärkte Sensibilität für rechtsextremes Gedankengut -  gleichermaßen in einen solchen Ansatz integriert werden. Gerade der Blick auf Männlichkeits- wie auch Weiblichkeitskonstruktionen im Rechtsextremismus sowie ihre Funktionsweisen könnte dabei ein wichtiges Instrument im Kampf dagegen sein.

 

Judith Goetz ist Mitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit und studiert Politikwissenschaft im Doktorat an der Uni Wien.

#oeh15 Wahlwatch

  • 07.04.2015, 08:36

Im Wahlwatch-Ticker halten wir euch darüber am Laufenden, was im Wahlkampf zur ÖH-Wahl 2015 (19. bis 21. Mai) passiert.

14. April: Zu viele Ideen für eine Headline

An den meisten Hochschulen sind die Ferien vorbei, bla bla, eh schon wissen. So richtig in Fahrt kommen will der ÖH-Wahlkampf aber noch nicht. Die ersten Stürme in Fettnäpfchen fassen wir trotzdem hier für euch – wie gewohnt neutraler als die Schweiz und fast ernster als ein Rudel Lachhyänen – zusammen: 

 

  • Gerüchteweise sammelt DIE PARTEI Unterstützungserklärungen und will zur kommenden Wahl antreten. Wieso das eher peinlich als lustig werden wird, haben wir schon einmal kommentiert.
     
  • „Für dich erreicht“, meint die AG und wirbt in einem Video mit einem Projekt, das allerdings nicht explizit ein AG-Projekt ist. Eine AG-BOKU-Funktionärin erklärte im Werbefilm, dass sie über ein Erstsemestrigentutorium bzw. die Tutoriumswoche zur AG gekommen war und legt als Tutorin allen von ihr betreuten Tutlingen nahe, selbst zur AG zu kommen. Das – wie es eigentlich schon im Namen steht – unabhängige Tutoriumsprojekt kündigt nun Konsequenzen an: „Dieser Umstand wird im Genehmigungsprozess zukünftiger Projekte berücksichtigt werden müssen, da es sich bei einem solchen Vorgehen um einen eklatanten Missbrauch unseres Vertrauens handelt.“ Konkret heißt das, dass dank AG der finanzielle Zuschuss des Wissenschaftsministeriums an die ÖH BOKU für die dort veranstalteten Erstsemestrigentutorien wegfallen könnte, weil das im Video beschriebene Verhalten, also Fraktionswerbung während der Tutorien, verboten ist.
     
  • Auch der VSSTÖ weiß es, mit Projekten und Errungenschaften der ÖH Bundesvertretung für sich Werbung zu machen – wie viel von den Projekten explizit von VSSTÖ-Mitgliedern umgesetzt wurden, sei dahingestellt, eins stimmt jedoch nicht: Die geschlossenen progress-Workshops, die laut dem VSSTÖ „für Studentinnen“ angeboten wurden, waren FLIT*-only, also auch offen für inter*- und trans* Menschen. Der für unseren Wahlwatch extra von progress engagierte Politikwissenschaftler und Experte Für Eh Alles Dr. rer. hort. Feter Pilzmeier munkelt, dass diese Taktik (transfraktionäre Projekte als eigene zu verkaufen) ein Hauptbestandteil jeden Wahlkampfs ist und dass wir davon noch einiges sehen werden. 
     
  • Die Junos haben ihr Budget offen gelegt, weil ihnen die Budgets der ÖH nicht transparent genug sind. So können wir nun auf einer hübschen Webseite lesen, dass eine Person mit dem Nachnamen Strolz den Liberalen 300 Euro gespendet hat. Die Daten kommen – untypisch für OpenData-Initativen, dafür aber sehr österreichisch – nicht als Excel- oder CSV-Datei daher, sind dafür aber attraktiver als die eingescannten PDFs der ÖH.
     
  • Das vorläufige Wähler_innenverzeichnis liegt bis heute (14.4.) auf. Wer Shelfies (Selfies mit dem Bücherregal) und Fellfies (Selfies mit flauschigen Bauernhoftieren) schon blöd fand – nun ja, seht selbst:Im Sinne der Parität müssen wir hier noch einfach irgendein Foto des aktuellen Vorsitzteammitglieds der FEST verlinken, die es offenbar nicht geschafft hat, mit den 14.975 Seiten (die ausgedruckt werden müssen) abgelichtet zu werden. 
     
  • Wir bekommen Konkurrenz! Eine Lehrveranstaltung des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien wird unter dem vielsagenden Titel „ÖH Wahl Wien“  über die Wahl berichten: oeh.wahl.wien


7. April: Was bisher geschah…

Vom hoffentlich erholsamen Osterwochenende melden wir uns nun mit Breaking News (!!!111einself) zurück: der ÖH-Wahlkampf hat nun wirklich begonnen! Traditionell gibt es vor Ostern immer schon ein kleines Wahlkampflüftchen, das abflaut, wenn ihr bei eurer Family Eierpecken seid und erst nach den Ferien so richtig in Fahrt kommt. 

  • Die Junos präsentierten ihre dreiköpfige Spitze und vergaßen bei der Pressekonferenz, die Namen der weiblichen Kandidati*innen zu nennen. Die erste Wahlkampfforderung: Weg mit dem (Print-)Progress!
     
  • Der VSSTÖ stellte Spitzenkandidatin und Wahlkampfthemen vor. Der Slogan „Her mit dem ganzen Leben“ ist baugleich mit dem geflügelten Wort „Her mit dem schönen Leben“, das schon in vergangenen GRAS- und KSV-Kampagnen herhalten musste. Forderungen: Bessere und billigere Wohnungen und Öffis sowie fairere Jobs. Wie die ÖH, die weder Finanz-, Verkehrs- oder Wirtschaftsministerium ist, diese Forderung umsetzen soll, ist noch unklar.
     
  • Die ÖVP-Vorfeldorganisation AG behauptete auf ihrer Website, parteiunabhängig zu sein. Abgesehen davon, dass das für alle auch nur marginal informierten Menschen eine lächerliche Behauptung ist – auf den Lo-Fi-AG-Plakatständern, die online für viel Belustigung sorgten, finden sich halt einfach auch noch Reste alter ÖVP-Plakate.

 

  • Die FEST stellte am 1. April die zwei Spitzenkandidat*innen vor und lädt zum Wahlkampfauftakt ein, ohne unerwähnt zu lassen, dass „ehrliche Vertretungsarbeit“ in ihren Augen „kein Ponyhof“ sei und dass sie deshalb gerne noch Unterstützung annehmen.
     
  • Die ÖH-BOKU veröffentlichte ein Video zum leichteren Verständnis der verschiedenen ÖH-Ebenen, die gleichzeitig gewählt werden – Vogelgezwitscher und Blumenschmuck inklusive. An der TU gibt’s ein schönes handgeschriebenes Plakat, dass die Vertretungsebenen erklärt.
     
  • An der Med-Uni Wien entsteht im Zusammenschluss von ehemaligen der UFMUW und der ÖMU sowie unfraktionierten Studierenden eine parteiunabhängige Gruppe: WUM. In einem stimmungsvollen Film mit Plätschermusik zeigen sie uns schonmal, dass sie Logos designen und Wahlkampfvideos drehen können.
     
  • Die Uni-Piraten treten dieses Jahr nicht zur ÖH-Wahl an – zu wenig Personal. Ein paar Tage zuvor hatte Piratebay-Co-Gründer Peter Sunde die Piratenbewegung für tot erklärt.

Manifest gegen die Krise der Ökonomie

  • 05.05.2014, 12:30

Am Montag, den 5. Mai 2014 wurde von der „International Initiative for Pluralism in Economics“, dem Dachverband von Volkswirtschafts-Studierenden aus 18 Ländern, ein Aufruf gestartet zu einer offenen, vielfältigen und pluralen Volkswirtschaftslehre. Die Studierenden verfassten ein internationales Manifest mit der Forderung nach einer breiten Ausrichtung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Lehre. Auch eine Gruppe von Volkswirtschafts-Studierenden der Wirtschaftsuniversität Wien - die Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien – war am Verfassen des Aufrufs beteiligt.

Am Montag, den 5. Mai 2014 wurde von der „International Initiative for Pluralism in Economics“, dem Dachverband von Volkswirtschafts-Studierenden aus 18 Ländern, ein Aufruf gestartet zu einer offenen, vielfältigen und pluralen Volkswirtschaftslehre. Die Studierenden verfassten ein internationales Manifest mit der Forderung nach einer breiten Ausrichtung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Lehre. Auch eine Gruppe von Volkswirtschafts-Studierenden der Wirtschaftsuniversität Wien - die Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien – war am Verfassen des Aufrufs beteiligt.

Über 230 ProfessorInnen, Hochschullehrenden und ForscherInnen aus diversen Wirtschafts- und Forschungsinstituten rund um den Globus schließen sich dem Aufruf an. Auf der ErstunterzeichnerInnenliste sind prominente Namen wie Thomas Piketty, Robert Pollin, Paul Davidson und u.a. Markus Marterbauer und Elisabeth Springler aus Österreich zu finden. Interessierte können den Aufruf unterstützen und das Manifest unterzeichnen unter: www.isipe.net

Das Manifest übt scharfe Kritik am aktuellen Zustand der Wirtschaftswissenschaften aus, gefordert wird ein grundlegender Wandel in den  Wirtschaftstheorie und deren Lehre. Der Mainstream in der Wirtschaftswissenschaft konnte die Krise weder vorhersagen noch liefert sie grundlegende Verbesserungsvorschläge. Das wirft die Frage auf ob sie die Funktion einer Wirtschaftstheorie erfüllt. „An den Universitäten werden bereits längst veraltete und widerlegte Theorien unterrichtet und die Kritik daran ausgeblendet“, so eine Sprecherin der Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien, die Ökonomie sei „auf einem Auge blind. Wir wollen die Realität in die Hörsäle zurückholen und nicht länger hinnehmen, dass eine Vielzahl relevanter Theorien nicht im Studienplan vorkommt“. Die Studierenden wollen eine Veränderung bewirken und im Kleinen passiert das auch: „wir organisieren unsere eigenen Lehrveranstaltungen und Lesekreise, unterrichten uns gegenseitig, bauen Netzwerke auf und organisieren gerade eine Konferenz“, so die Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien.

 

Manifest:

Internationaler studentischer Aufruf für eine Plurale Ökonomik Die Weltwirtschaft befindet sich in einer Krise. In der Krise steckt aber auch die Art, wie Ökonomie an den Hochschulen gelehrt wird, und die Auswirkungen gehen weit über den universitären Bereich hinaus. Die Lehrinhalte formen das Denken der nächsten Generation von Entscheidungsträgern und damit die Gesellschaft, in der wir leben. Wir, 40 Vereinigungen von Studierenden der Ökonomie aus 19 verschiedenen Ländern, sind der Überzeugung, dass es an der Zeit ist, die ökonomische Lehre zu verändern. Wir beobachten eine besorgniserregende Einseitigkeit der Lehre, die sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verschärft hat. Diese fehlende intellektuelle Vielfalt beschränkt nicht nur Lehre und Forschung, sie behindert uns im Umgang mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – von Finanzmarktstabilität über Ernährungssicherheit bis hin zum Klimawandel. Wir benötigen einen realistischen Blick auf die Welt, kritische Debatten und einen Pluralismus der Theorien und Methoden. Durch die Erneuerung der Disziplin werden Räume geschaffen, in denen Lösungen für gesellschaftliche Probleme gefunden werden können.

Vereint über Grenzen hinweg rufen wir zu einem Kurswechsel auf. Wir maßen es uns nicht an, die endgültige Richtung zu kennen, sind uns aber sicher, dass es für Studierende der Ökonomie wichtig ist, sich mit unterschiedlichen Perspektiven und Ideen auseinanderzusetzen. Pluralismus führt nicht nur zur Bereicherung von Lehre und Forschung, sondern auch zu einer Neubelebung der Disziplin. Pluralismus hat den Anspruch, die Ökonomie wieder in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Im Zentrum sollten dabei drei Formen des Pluralismus stehen:

  • Theoretischer Pluralismus,
  • methodischer Pluralismus und
  • Interdisziplinarität.

Theoretischer Pluralismus verlangt, die Bandbreite an Denkschulen in der Lehre zu erweitern. Wir beziehen uns dabei nicht auf eine bestimmte ökonomische Tradition. Pluralismus heißt nicht, sich für eine Seite zu entscheiden, sondern eine lebendige, intellektuell reichhaltige Debatte anzuregen. Pluralismus heißt, Ideen kritisch und reflexiv miteinander zu vergleichen. Während in anderen Disziplinen Vielfalt selbstverständlich ist und sich widersprechende Theorien als gleichberechtigt gelehrt werden, wird die Volkswirtschaftslehre häufig dargestellt, als gäbe es nur eine theoretische Strömung mit eindeutigem Erkenntnisstand. Natürlich gibt es innerhalb dieser dominanten Tradition Varianten. Allerdings ist das nur eine von vielen Möglichkeiten, Ökonomik zu betreiben und die Welt zu betrachten. In anderen Wissenschaften wäre so etwas unerhört. Niemand würde einen Abschluss in Psychologie ernstnehmen, der sich nur mit Freudianismus beschäftigt, oder ein politikwissenschaftliches Studium, in dem nur der Leninismus auftaucht. Umfassende volkswirtschaftliche Bildung vermittelt die Vielfalt der theoretischen Perspektiven. Neben den für gewöhnlich gelehrten auf der Neoklassik basierenden Ansätzen ist es notwendig, andere Schulen einzubeziehen. Beispiele für diese Schulen sind die klassische, die post-keynesianische, die institutionelle, die ökologische, die feministische, die marxistische und die österreichische Tradition. Die meisten Studierenden der Volkswirtschaftslehre verlassen die Universität, ohne jemals von einer dieser Perspektiven auch nur gehört zu haben. Es ist essentiell, schon im Grundstudium reflektiertes Denken über die Ökonomik und ihre Methoden zu fördern, beispielsweise durch Veranstaltungen zu philosophischen Aspekten der Volkswirtschaftslehre sowie Erkenntnistheorie. Theorien können losgelöst aus ihrem historischen Kontext nicht nachvollzogen werden. Studierende sollten daher mit der Geschichte des ökonomischen Denkens, Wirtschaftsgeschichte und den Klassiker der Ökonomie konfrontiert werden. Momentan fehlen solche Kurse entweder vollständig oder wurden an den Rand des Lehrplans gedrängt.

Methodischer Pluralismus bezieht sich auf die Notwendigkeit unterschiedlicher Forschungsmethoden in der Volkswirtschaftslehre. Es ist selbstverständlich, dass Mathematik und Statistik wesentlich für unsere Disziplin sind. Aber viel zu häufig lernen Studierende nur, quantitative Methoden zu verwenden. Dabei wird zu selten darüber nachgedacht, ob und warum diese Methoden angewandt werden sollten, welche Annahmen zugrunde liegen und inwieweit die Ergebnisse verlässlich sind. Es gibt außerdem wichtige Aspekte der Ökonomie, die durch quantitative Methoden allein nicht verstanden werden können: Seriöse ökonomische Forschung verlangt, dass quantitative Methoden durch andere sozialwissenschaftliche Methoden ergänzt werden. Um beispielsweise Institutionen und Kultur verstehen zu können, müssen qualitative Methoden in den Lehrplänen volkswirtschaftlicher Studiengänge größere Beachtung erfahren. Dennoch besuchen die meisten Studierenden der Ökonomik nie eine Veranstaltung zu qualitativen Methoden.

Für ein umfassendes volkswirtschaftliches Verständnis sind interdisziplinäre Ansätze notwendig. Studierende müssen deshalb innerhalb ihres Studiums die Möglichkeit erhalten, sich mit anderen Sozialwissenschaften oder den Geisteswissenschaften zu beschäftigen. Volkswirtschaftslehre ist eine Sozialwissenschaft. Ökonomische Phänomene können nur unzureichend verstanden werden, wenn man sie aus ihrem soziologischen, politischen oder historischen Kontext reißt und in einem Vakuum darstellt. Um Wirtschaftspolitik intensiv diskutieren zu können, müssen Studierende die sozialen Auswirkungen und ethischen Implikationen ökonomischer Entscheidungen verstehen. Die Umsetzung dieser Formen von Pluralismus wird regional variieren. Sie sollten jedoch folgende Ideen einbeziehen:

  • Vermehrte Einstellung von Lehrenden und Forschenden, die theoretische und methodische Vielfalt in die Studiengänge der Ökonomik tragen;
  • Erstellen und Verbreiten von Materialien für plurale Kurse;
  • Intensive Kooperationen mit sozialwissenschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen Fakultäten oder Aufbau spezieller Einrichtungen zur Verantwortung interdisziplinärer Programme.

Dieser Wandel mag zwar schwierig erscheinen. Doch er ist bereits in vollem Gange. Weltweit treiben Studierende diesen Wandel Schritt für Schritt voran. Mit Vorlesungen zu Themen, welche nicht im Lehrplan vorgesehen sind, können wir wöchentlich Hörsäle füllen. Wir haben Lesekreise, Workshops und Konferenzen organisiert, haben die gegenwärtigen Lehrpläne analysiert und alternative Programme entwickelt. Wir haben begonnen, uns selbst und andere in den Kursen zu unterrichten, die wir für notwendig erachten. Wir haben Initiativen an den Universitäten gegründet und nationale und internationale Netzwerke aufgebaut.

 

 

Kontakt: pluralismus@wu.ac.at

Gesellschaft für Plurale Ökonomik Wien

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Hintergrundgespräch: Wer sind die Identitären?

  • 10.02.2013, 18:40

Progress hat mit dem Rechtsextremismusexperten Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) über die politische Ideologie und die Hintergründe der Identitären gesprochen.

Progress hat mit dem Rechtsextremismusexperten Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) über die politische Ideologie und die Hintergründe der Identitären gesprochen.

 

Ausschnitt aus dem Interview:

progress: Welche Ideologie vertreten die Identitären?

Wir müssen zwei Gruppen – bei aller personellen Überschneidung – unterscheiden: auf der einen Seite die eher inhaltlich arbeitende WIR - Wiener Identitäre Richtung und der aktionistische Flügel „Die Identitären“ . Inhaltlich behaupten beide in der Tradition der „neuen Rechten“ zu stehen. Das ist eine Strömung des Rechtsextremismus, die in Frankreich in den späten 1960er Jahren ihren Ausgang nahm. Der Auslöser für das Entstehen der neuen Rechten im Rechtsextremismus war das Scheitern der parteiförmigen Rechten in Frankreich und dann auch in Deutschland in Form der NPD. Aus diesem Scheitern entstand der Ansatz heraus, weg von der Parteienpolitik hin zur Metapolitik. Inhaltlich unterscheidet sich die neue Rechte von der alten. Sie weigert sich mit dem Nationalsozialismus und vor allem seinen Verbrechen auseinanderzusetzen. Statt des Nationalsozialismus waren vielmehr die anderen europäischen Faschismen der Bezugspunkt. Dahinter stand der Glaube, dass diese nicht derart wie die NS-Ideologie diskreditiert wären. Auch die Konservative Revolution ist ein Schlagwort der neuen Rechten

[…]

Das Gewaltmoment der Identitären wird jedoch immer wieder übersehen. Denn wer von einer Kriegserklärung spricht, der droht mit Gewalt. Diese Gewaltdrohung wurde auch von einem Identitären in der rechtsextremen Publikation „Zuerst!“formuliert. […] Zitat: „Als Symbol haben sie sich das Lambda-Zeichen gewählt, das in der Antike die Schilde der spartanischen Hopliten (Bürgersoldaten) zierte. Ein weiterer Hinweis auf eine kämpferische Grundhaltung.“ Also diese kämpferische Grundhaltung nehmen sie für sich in Anspruch. Und wenn man jetzt weiß, wie die Spartaner gekämpft haben, so ist dies nicht zufällig. Sie nehmen die Spartaner, da das mit der Männlichkeit zu tun hat – Stichwort: Männerfantasien –, da deren Kampf ein aussichtsloser war. Und wenn ein Mensch in einer aussichtslosen Lage ist, so ist er zu übermenschlichen Taten und extremer Gewalttätigkeit bereit. Das hat auch apokalyptische Züge. […] Und das muss man kritisieren: Denn wer nach Anders Behring Breivik [Anm.: dem Attentäter von Oslo 2011] noch davon spricht, dass Europa untergeht, dass man die letzte Generation sei, die die Chance habe, das noch aufzuhalten und dazu noch die kämpferische Grundhaltung betont, der ist zumindest unverantwortlich! […]

Link:

Dokumentationsarchav des österreichischen Widerstandes

Eindrücke des Tages: UnterstützerInnen der Flüchtlinge, die seit Wochen in der Votivkirche protestieren, eilen herbei. Laut eigenen Angaben reichen die Flüchtlinge den rechten Aktivisten die Hand und bieten ihnen unter anderem Tee an.

(Fotos: C. Glanzl)

Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!

  • 13.07.2012, 18:18

Sommer – was war das noch einmal genau?

Sommer – was war das noch einmal genau? Ein Blick ins Lexikon verschafft Klarheit: Sommer der; Jahreszeit zwischen Frühling u. Herbst; wärmste Zeit des Jahres; Meteorologisch ordnet man dem Nordsommer die Monate Juni, Juli und August zu. Davon, dass der Sommer die wärmste unserer vier Jahreszeiten sein soll, konnte in den letzten Wochen allerdings noch herzlich wenig bemerkt werden. Regen und kühle Temperaturen standen auf der Tagesordnung. Doch jenen, die nicht an die Aschewolke als Ursache hierfür glauben, soll gesagt sein: Der Sommer kommt bestimmt und mit ihm auch die oftmals schwierige Frage nach einer geeigneten Ferienplanung. Denjenigen unter uns, die sich ihr Taschengeld heuer nicht durch einen, in der Regel eher bescheiden entlohnten, Ferialjob aufbessern müssen, bei denen aber auch das bereits Angesparte nicht reicht, um groß in der Weltgeschichte herum zu reisen, sei ein Sommer in Österreich nahe gelegt. Denn dieses Land hat in Sachen  Freizeitaktivität weit mehr zu bieten als Après-Ski und Bergsteigen. Zwar ist die Suche nach Strand, Palmen und Meer vergebens. Jedoch lassen Events in den Bereichen Musik, Sport und Kunst (S. 26) so manches Studierendenherz höher schlagen. Auf dass auch ihr das von Goethe angesprochene „Gute“, welches bekanntlich so nah liegt, für euch entdecken und euren Sommer so gestalten könnt, dass er ein unvergessliches Erlebnis wird.

 

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