ÖH-Bundesvertretung

StudentInnenaufstand gestern und morgen

  • 13.07.2012, 18:18

Die seit Oktober andauernden Studierendenproteste dürfen nicht nur als Streit um verbesserte Lehre und einer Ausfinanzierung des hochschulischen Betriebs gesehen werden, sondern als eine Bewegung, die für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller kämpft.

Die seit Oktober andauernden Studierendenproteste dürfen nicht nur als Streit um verbesserte Lehre und einer Ausfinanzierung des hochschulischen Betriebs gesehen werden, sondern als eine Bewegung, die für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller kämpft. Zu dieser Verbesserung gehört Bildung, die eine Entwicklung zum emanzipierten Individuum fördert und zu einer gesellschaftlichen Transformation beiträgt.  In der Zeit der Besetzung der Hörsäle haben Studierende diese nicht veruntreut, sondern ihren eigenen Bedürfnissen dienstbar gemacht und in ihre Verantwortung genommen! Sie wehrten sich gegen ein System, das ihnen unmenschlich erscheint, und gegen die Entfremdung, die es mit sich bringt. Es kann dabei kein Unterschied gemacht werden zwischen den gesetzlichen Vertretungen und den protestierenden Studierenden – die Vertretung besteht aus Studierenden und die ÖH-Bundesvertretung identifiziert sich inhaltlich mit den Anliegen der protestierenden Studierenden, ist Teil davon, auch weiterhin.
Zu unrealistisch, zu unbedacht, zu wenige heißt es immer wieder. Das Wort utopisch wird zum Synonym für die Forderungskataloge der Studierenden. Herbert Marcuse, Vertreter der Frankfurter Schule, wusste zu gesellschaftlichen Vorstellungen, die als utopisch bezeichnet werden, in einem Interview 1976 folgendes zu sagen: „Der Begriff (Utopie) ist Propaganda von der Seite des Bestehenden. Es gibt nichts was nicht realisierbar ist, sofern die Menschen ihre Gesellschaft vernünftig einrichten.“ Wir fordern also das Utopische, ohne uns zu schämen, ohne eine Überprüfung der Verträglichkeit mit bestehenden Konformitäten.
Als Bundesvertretung würden wir uns freuen, gemeinsam mit euch die bestehende Diskussion und die Ideen der Bewegung weiterzuentwickeln und weiterzutragen. Gelegenheit dazu gibt es bei einem von uns organisierten Hochschulkongress vom 19. – 21. Februar (Anmeldungen unter  www.her2010.at) und beim Bologna-Gegengipfel zur Bologna Ministerial Anniversary Conference 2010 der europäischen HochschulministerInnen.

Keine rosigen Aussichten

  • 13.07.2012, 18:18

Die ÖH-Bundesvertretung hat den, unter dem Druck der Studierendenproteste eingerichteten, Hochschuldialog verlassen und damit die Konsequenzen aus der monatelangen Täuschungspolitik der Ministerin gezogen.

Die ÖH-Bundesvertretung hat den, unter dem Druck der Studierendenproteste eingerichteten, Hochschuldialog verlassen und damit die Konsequenzen aus der monatelangen Täuschungspolitik der Ministerin gezogen. Während sich die teilnehmenden Organisationen in den Arbeitsforen in vielen Punkten einig waren und gemeinsame Empfehlungen formulierten, ignoriert Karl regelmäßig diese Ergebnisse und tobt sich in der Öffentlichkeit mit haarsträubenden Vorschlägen zum Hochschulwesen aus. Zuletzt mit ihrem Vorstoß, die Studieneingangsphase auf den Universitäten als Selektionsphase umzugestalten. Wird dieser Vorschlag Wirklichkeit, hätte die ÖVP ihren Wunsch nach flächendeckenden Zugangsbeschränkungen letztlich doch noch durchgesetzt.

Generell zeigt Ministerin Karl kein Verständnis für die Probleme an den österreichischen Hochschulen und schließt mit ihrer Politik nahtlos an das Hahn´sche Kopf-in-den-Sand-stecken an. Das Bekenntnis, zwei Prozent des BIP für höhere Bildung ausgeben zu wollen, rückt mit der Ankündigung, die Universitätsbudgets bis 2015 einzufrieren und damit faktisch zu kürzen, in weite Ferne. Das Streichen des Zwei-Prozent-Ziels aus dem Strategiebericht der Bundesregierung zum Bundesfinanzrahmengesetz zeigt dabei einmal mehr, dass Karl als Erfüllungsgehilfin ihres Parteichefs Finanzminister Josef Pröll unsere Hochschulen mit vollem Tempo gegen die Wand fährt.

Beatrix Karl hat eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Ankündigungen, eine dialogbereite Ministerin sein zu wollen, nur Schall und Rauch sind. Der Hochschuldialog ist tot, geht es so weiter, folgen die Hochschulen selbst. Wir hätten gerne bessere Nachrichten zum Semesterabschluss – mit den letzten Prüfungen im Genick sind das allesamt keine rosigen Aussichten. Aber wie heißt es so schön: Politik heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Und für die Rettung der Hochschulen werden wir wohl die nächsten Jahrzehnte mehr als genug Gelegenheit dazu haben.

 

Exklusive Opernhäuser?

  • 13.07.2012, 18:18

Nicht nur im Studien-Stress spitzt sich die Lage angesichts des nahenden Sommers zu, auch bildungspolitisch braut sich was zusammen.

Nicht nur im Studien-Stress spitzt sich die Lage angesichts des nahenden Sommers zu, auch bildungspolitisch braut sich was zusammen. Beatrix Karl hat Anfang April drei sogenannte „124b Anträge“ in Begutachtung geschickt. Karl will den Zugang in Publizistik, Architektur und auf der Wirtschaftsuniversität beschränken und lässt auch sonst nichts unversucht, um aus den Universitäten jene exklusiven Opernhäuser für eine kleine Elite zu machen, die sie immer wieder in der Öffentlichkeit fordert. Wir setzen alles daran, die für uns klar rechtswidrigen Anträge zu bekämpfen und der Ministerin klar zu machen, dass am offenen, freien Hochschulzugang nicht zu rütteln ist.

Gleichzeitig befindet sich der von Amtsvorgänger Hahn auf Druck der Studierenden eingeläutete Hochschuldialog auf halber Strecke. Während die Ministerin damit beschäftigt ist, für Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu werben, ist im Dialog der HochschulpartnerInnen von mehr Studierenden und einer Verbesserung der Studienwahl die Rede. Es bleibt aber weiterhin abzuwarten, ob brauchbare Ergebnisse erarbeitet werden und vor allem ob die Ministerin sie dann auch umsetzt.
Wenn es um eine Verbesserung der Studienwahl geht, verlassen wir uns natürlich nicht auf das Ministerium. Das zeigt das neu eingerichtete Referat für Studien- und MaturantInnenberatung der ÖH-Bundesvertretung. Das motivierte Team startet mit der Weiterführung des erfolgreichen Projekts Studieren Probieren in die Referatsarbeit – wir wünschen ihnen viel Glück dabei.
Euch wünschen wir viel Glück bei der Suche nach Motivation im Übergang zwischen vorlesungsfreier Zeit und Sommersemester-Endzeit-Stress. Und wenn gar nichts mehr geht: Entspannen wir uns doch zur Abwechslung mal in der Oper und träumen einen Sommernachtstraum von demokratischen Hochschulen.

Wider dem Winterschlaf

  • 13.07.2012, 18:18

Wir haben ja nicht mehr daran geglaubt, aber kürzlich ist das Unfassbare geschehen

Kommentar

Wir haben ja nicht mehr daran geglaubt, aber kürzlich ist das Unfassbare geschehen – der Frühling hat sich angekündigt. Und so wie die Umwelt mit neuem Elan drangeht, den grauen Winter zu verdrängen, tun sich auch in der ÖH neue Projekte auf. Wir starten mit aktualisierten Broschüren, frischen Kampagnen und großen Kongressen ins Semester (die entsprechenden Berichte findet ihr wie immer im Blattinneren).
Im Gegensatz zu uns ist die Politik noch im Winterschlaf, hochschulpolitische Innovationen sind momentan nicht in Sicht. Aber zumindest eine neue Ministerin haben wir bekommen – Beatrix Karl ist seit geraumer Zeit für die österreichischen Unis und FHs verantwortlich. Noch sieht es nicht so aus, als würde sie die Hochschulpolitik revolutionieren, aber wer weiß, vielleicht erwartet uns ja das Unerwartete. Von „more of the same“ haben wir jedenfalls die Schnauze voll, darauf lautstark hinzuweisen wird unsere Aufgabe in den nächsten Monaten sein.
Auch der Studierendenprotest hat eine Frühlingsmetamorphose hinter sich, er hat sich europäisiert und international vernetzt. Während 46 BildungsministerInnen Anfang März den Erfolg des Bologna-Prozesses präsentieren, zeigen zwischen 11. und 14. März Studierende aus verschiedensten Ländern, warum die europäische Bildungspolitik keinesfalls ein Grund zu feiern ist.
Mit der Rückkehr des Sonnenscheins steht auch ein neues Semester vor der Tür. Wir wünschen euch viel Durchhaltevermögen im alltäglichen Studi-Wahnsinn - don‘t let the system get you down!