Schlagabtausch: Integration
Integration: Pro und Contra
PRO Integration
EIN GEFÜHL DER ZUGEHÖRIGKEIT
Das Gefühl, integriert und gleichzeitig ein Teil der Gesellschaft zu sein, ist ein wichtiger Faktor im gesamten Migrationsprozess. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Menschen, deren Migrationshintergrund sichtbar ist, bedeutend schwerer. Die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, prägen diese Menschen in ihrem weiteren Integrationsprozess – sowohl positiv als auch negativ. Erfahrungen, bei denen Diskriminierung, Nicht-Anerkennung und Dequalifizierung erlebt werden, wirken lähmend, frustrierend und demotivierend.
In einer Zeit, wo die Mobilität der Arbeitenden immer selbstverständlicher wird, und Menschen zunehmend versuchen, durch Länder- oder Jobwechsel ihre Lebenssituation zu verbessern, muss ebenfalls selbstverständlich sein, dass Menschen mit ihren Erfahrungen, Ressourcen, Kompetenzen und Ausbildungen gesehen werden, und nicht vorrangig nach Name, Geburtsort, Muttersprache oder Religion beurteilt werden. Die Sprache spielt im gesamten Integrationsprozess eine wichtige Rolle. Ihre Vermittlung muss so schnell wie möglich und von Anfang an stattfinden, damit das Gefühl der Zugehörigkeit wachsen kann. Derzeit sind die größten Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt Sprachschwierigkeiten, nicht anerkannte Ausbildungen und Informationsdefizite. Das Ziel ist, von einer absolut defizit- und ausgrenzungsorientierten Diskussion wegzukommen, hin zu einem ressourcenorientierten Denken: „Was kann die Person?“ anstatt „Was kann sie nicht?“. Aufgrund der oft negativen Darstellung fehlt die Wertschätzung für das, was ZuwandererInnen können und an Ausbildung und Erfahrung mitbringen. Die Lernbereitschaft und Motivation dieser Menschen wird oft unterschätzt. Für den Versuch, das zu ändern, spielen Unternehmen eine wichtige Rolle. Sie müssen viel mutiger werden und sehen, dass „diverse/s“ Personal und Teams eine Bereicherung – in jeder Hinsicht – für das Unternehmen sind.
Moluksadat Homayouni ist Integrationsbotschafterin im Rahmen des Projekts „Zusammen Österreich“.
CONTRA Integration
„IVO, JETZT BIST DU EIN ECHTER ÖSTERREICHER!“
Diese Schlagzeile der Kronen Zeitung nach dem WM-Tor des Nationalspielers Ivica Vastić gegen Chile 1998 hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt, da sie ein Sinnbild für die Integrationspolitik dieses Landes ist. Die Tatsache, dass Ivica Vastić seine Staatsbürgerschaft schon 1996 erhielt, war irrelevant, denn erst ein Tor, sprich eine Leistung für Österreich, und nicht der Pass, machte ihn zum „echten Österreicher“.
Austria-Trainer Vastić ist auch ein ausgezeichnetes Vorführobjekt für Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, soll er doch Vorbild sein für all die schulschwänzenden Mustafas und Alis aus den städtischen Außenbezirken. Dem rassistischen Otto-Normalösterreicher soll er signalisieren, dass es auch gute Tschuschen gibt, die das Land voranbringen, und den Tschuschen soll er zeigen, dass sie es auch zu etwas bringen können, wenn sie sich nur anstrengen und etwas leisten.
Bei Kurz’ Suche nach dem_der „Supermigrant_in“ werden soziale Selektion in den Bildungseinrichtungen, der rassistische Normalzustand in Österreich und zunehmend schlechtere Aussichten für Migrant_innen am Arbeitsmarkt nicht nur verschleiert, sondern schlichtweg ignoriert. Eine Politik à la "die Guten ins Tröpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen" ändert nichts an der Situation von Migrant_innen, da sie für ein angebliches Scheitern selbst verantwortlich gemacht werden. Das Sichtbarmachen von Migrant_innen ist zwar durchaus positiv, doch nur in Verbindung mit anderen Maßnahmen auch sinnvoll. So braucht es eine Förderung in den Bildungseinrichtungen (Stichwort: Gesamtschule), die Bekämpfung der Diskriminierung am Arbeitsmarkt und eine Politik, die sich an den Lebensrealitäten der einzelnen Menschen orientiert, die die Unterteilung in Migrant_in und Nicht-Migrant_in nicht weiter positiv besetzt und die erfolgreiche Einzelschicksale nicht zum Maß aller Dinge erklärt.
Fanny Rasul studiert Politikwissenschaft an der Universität Wien.