Faire Computerindustrie?!
Der folgende Artikel ist eine Spurensuche, die uns in die Länder des Südens führt und zudem Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, wie jede und jeder dazu beitragen kann, eine sozial und ökologisch nachhaltige Computerindustrie zu verwirklichen.
Der folgende Artikel ist eine Spurensuche, die uns in die Länder des Südens führt und zudem Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, wie jede und jeder dazu beitragen kann, eine sozial und ökologisch nachhaltige Computerindustrie zu verwirklichen.
Wir wissen meist viel über die technischen Daten eines Computers, wie groß der Arbeitsspeicher ist oder welche Auflösung er hat. Doch wir wissen kaum, woher unsere Computer eigentlich kommen, von wem und unter welchen Umständen sie produziert werden.
Einen langen Weg hat ein Computer schon zurückgelegt, bis er auf unserem Schreibtisch steht. Der erste Schritt ist die Rohstoffgewinnung. Die Produktion eines Computers ist sehr rohstoffintensiv, allein für einen einzigen Computer werden zahlreiche Metalle aus verschiedenen Teilen der Welt benötigt, ebenso 1500 Liter Wasser und 25 Kilogramm fossile Brennstoffe.
Die Gewinnung dieser Rohstoffe ist dabei nicht unproblematisch, da sie oftmals Konflikte zwischen multinationalen Firmen und der ansässigen Bevölkerung hervorruft. Ein Beispiel für einen solchen Konfliktrohstoff ist Koltan, das unter anderem in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) gewonnen wird. Mit dem Verkauf dieses Metalls wurde ein BürgerInnenkrieg mitfinanziert, bei dem etwa fünf Millionen Menschen starben. Dieser BürgerInnenkrieg hätte nicht in dem Ausmaß stattfinden können, hätten westliche Firmen in anderen Ländern, wie beispielsweise in Australien, Koltan eingekauft anstatt in der DR Kongo.
Zweifelhafte Arbeitsbedingungen. Schwere Arbeitsrechtsverletzungen sind in der Produktion zu verzeichnen: ArbeiterInnen, die trotz harter Überstunden extrem schlecht bezahlt werden und zudem nur ungenügend Schutzkleidung zur Verfügung gestellt bekommen, sind die Regel. Weiters gibt es keine Krankenversicherung. Giftige Abfallprodukte und Chemikalien werden nicht fachgerecht entsorgt und stellen damit eine große Gefahr für Mensch und Natur dar.
Gesetze gibt es zwar, jedoch ist ihre Umsetzung aufgrund des unübersichtlichen Produktionssystems schwierig zu überprüfen. Computer werden nicht in einer einzigen Fabrik hergestellt, sondern eine Markenfirma (zum Beispiel Apple) erteilt einen Auftrag an ihre KontraktpartnerInnen, welche günstig produzierende Fabriken (Subkontraktoren) zumeist in China suchen, die die einzelnen Teile eines Computers herstellen. So kann es sein, dass die Einzelteile eines Laptops aus mehr als 50 Fabriken stammen. Die Arbeitsbedingungen in diesen Fabriken sind untragbar und die MarkenherstellerInnen wollen dafür keine Verantwortung übernehmen.
Nord-Süd Gefälle. Obwohl die Produktion der handelsüblichen Computer zur Gänze in den Ländern des Südens stattfindet, werden sie zum Großteil in den Ländern des Nordens genutzt. Es besteht eine digitale Kluft zwischen Süd und Nord: Während in den USA fast 85 Prozent der Bevölkerung einen Computer nützen, sind es in der DR Kongo nur 0,5 Prozent der Bevölkerung.
Durchschnittlich tauschen wir unsere Computer alle zwei bis drei Jahre gegen einen neuen aus. Damit beginnt die Rückreise des Computers in die Länder des Südens. Gegen gesetzliche Regelungen wird unser Elektroschrott unter dem Deckmantel „Second Hand Ware“ zumeist nach Afrika verschifft, wo er auf großen Müllhalden abgeladen wird. Dort recycelt die ansässige Bevölkerung den Elektroschrott: Ohne Schutzkleidung oder andere Vorsichtsmaßnahmen verbrennen sie Kabel und Plastik und atmen giftige Dämpfe ein, um an die wertvollen Rohstoffe zu kommen und sie für ein wenig Geld verkaufen zu können. Dass auch hier gravierende gesundheitliche Probleme und schwere Umweltschäden in großem Ausmaß auftreten, liegt auf der Hand.
Was tun? Für alle Lebenszyklen eines Computers gibt es erfolgreiche, aber noch relativ junge Initiativen, die sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Computerindustrie einsetzen. Sie fordern MarkenherstellerInnen auf, ihre soziale Verantwortung gegenüber ihren Zulieferbetrieben wahrzunehmen und umzusetzen. So auch Clean IT, eine Kampagne von Südwind, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Computerindustrie stark macht. Dabei setzt sie an mehreren Stellen an. Zum einen bei der öffentlichen Beschaffung, zum Beispiel in Schulen, Ministerien und Universitäten, zum anderen bei den einzelnen KonsumentInnen und VerbraucherInnen.
KonsumentInnen können beim Kauf eines Computers nach den sozialen Kriterien fragen und ihren Wunsch nach mehr Fairness mitteilen, denn dadurch wird den Unternehmen bewusst, dass zunehmend mehr Menschen ein kritisches Auge auf die Arbeitsbedingungen in der Computerindustrie werfen und sich mehr soziale Verantwortung der Unternehmen wünschen. Da Unternehmen weder ihre Absatzmärkte verlieren noch ein schlechtes Image möchten, sind bereits erste kleine Veränderungen festzustellen. Die Verbesserungen stehen noch ziemlich am Anfang; einen tatsächlich fair produzierten Computer gibt es noch nicht.