Joe Brandes

Gefangen im Inseratensumpf

  • 05.01.2022, 11:51
Die Österreicher_innen verbindet seit jeher ein schwieriges Verhältnis mit den Medien. Ein Grund hierfür sind nicht zuletzt die zahlreichen Skandale, in denen nicht nur die Zeitungen selbst, sondern auch ranghohe Politiker_innen verwoben sind. Doch was begünstigt diese Strukturen und was müsste passieren, um sie einzugrenzen?

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis es mal wieder richtig kracht in der von Skandalen gebeutelten politischen Landschaft Österreichs. Dass es aber bis hinauf in die höchsten politischen Ämter reicht und sich sogar der Bundeskanzler dazu gezwungen sehen würde zurückzutreten, damit haben wohl die wenigsten gerechnet. Schuld an der jüngsten Krise der Republik Österreich, die unter dem Schlagwort Inseratenaffäre publik wurde, ist nicht zuletzt das diffuse Selbstverständnis von einigen Politker_innen, wenn es um die Vergabe von Inseraten geht.

Eigentlich handelt es sich bei der Schaltung von Inseraten um nichts Verwerfliches, da es einen legitimen Weg darstellt, eine breite Öffentlichkeit über politische Vorhaben zu informieren. So wurden insbesondere während der Corona-Krise viele Anzeigen geschaltet, um die Gesellschaft über die aktuellen Entwicklungen zu informieren. Das Problematische hierbei ist aber ein tiefverwurzeltes Selbstverständnis von Politiker_innen, dass die Zahlung für die Inserate nicht nur eine Schaltung, sondern auch eine (positive) Berichterstattung beinhalten müsse. Das traf etwa im jüngsten Fall zu, als manipulierte Umfragen zu Gunsten des damaligen Außenministers Sebastian Kurz veröffentlicht wurden, die vom Finanzministerium gesteuert worden waren.*

Direkte, indirekte und verdeckte Presseförderung

Während sich in einigen Ländern die Medien explizit gegen eine direkte Medienförderung aussprechen, um ihre Unabhängigkeit zu wahren, wie etwa in Deutschland oder den USA, besteht die direkte Presseförderung in Österreich bereits seit 1975, wobei sie 2004 novelliert wurde und seitdem durch die staatliche Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) umgesetzt wird. Die direkte Presseförderung belief sich im Jahr 2019 auf 8,6 Mio. Euro, wobei 2020 im Zuge der Pandemie die Förderungen auf knapp 27,5 Mio. Euro angehoben wurden. Diese Förderungssumme gliedert sich in drei Töpfe auf 1) Vertriebsförderung für Tages- und Wochenzeitungen (3,8 Mio. Euro) 2) besondere Förderungen zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Tageszeitungen (3,2 Mio. Euro) und 3)  Zukunftsförderung und Qualitätssicherung (1,5 Mio. Euro). Unter die indirekte Presseförderung fallen zudem die Senkung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen und Zeitschriften sowie reduzierte Posttarife.

Die besonders lukrative Förderung liegt aber in der „verdeckten“ Presseförderungen, wie manche die Inseratenvergabe von staatlichen Stellen nennen. Eine unter der Leitung von Medienwissenschaftler und -berater Andy Kaltenbrunner erstellte Studie des Medienhauses Wien zur Inseratenvergabe an Tageszeitungen im Pandemiejahr 2020, „Scheinbar transparent II“,  untersuchte die jeweiligen Ausga-ben der einzelnen Ministerien. Insgesamt gaben die Bundesministerien 2020 knapp 47,5 Mio. Euro für Inserate aus, wovon 33,5 Mio. auf die österreichi-schen Tageszeitungen allein ausfielen. Allein 14,3 Mio. Euro inserierte das Bundeskanzleramt und 95 Prozent aller Inserate kamen von ÖVP-regierten Ministerien. Größte Nutznießer dieser Inserate waren die Kronen Zeitung (8,4 Mio. Euro) sowie die beiden Gratiszeitungen Heute (5,5 Mio. Euro) und Österreich/Oe24 (5,2 Mio. Euro). 

Die Einnahmen durch staatlich geschaltete Inserate kommen für die Zeitungen jedoch nicht nur aus den Ministerien. Allein für die Kronen Zeitung sind im Medientransparenzregister für das Jahr 2020 Inserate in Höhe von 25,8 Mio. Euro gelistet. Dagegen wirkt die gesetzlich geregelte Presseförderung, aus der die Kronen Zeitung im gleichen Zeitraum trotz üppigerer Presseförderung durch die Pandemie ca. 3,2 Mio. Euro bezog, eher gering. Mickrige 20.000,00 Euro entfielen dabei auf die Qualitätsförderung und Zukunftssicherung. 
Insgesamt wird die Inseratenvergabe von allen staatlichen Stellen sowie staatsnahen Betrieben in Österreich auf 200 bis 300 Mio. Euro geschätzt. Allein die Stadt Wien hat 2020 Inserate im Wert von 24 Mio. Euro geschaltet. Auch hier sicherten sich die drei großen Boulevard-Medien den größten Anteil mit knapp 10,4 Mio. Euro. Zwar verteidigt sich die Stadt Wien, dass die Inseratenvergabe auf einer Mediendiskursstudie von 2018 basiere. Doch erst vor kurzem berichtete die Rechercheplattform „Dossier“ über ein am Medientransparenzgesetz vorbei gemogeltes Inserat in Höhe von 172.000,00 Euro für einen SPÖ-nahen Verlag. Die vehemente Weigerung der Stadt Wien, die Höhe des Inserats preis zu geben, und die Tatsache, dass erst nach drei Jahren aufgrund von zwei Gerichtsbeschlüssen Auskunft gegeben wurde, lässt vermuten, dass die Stadt Wien auch keine gänzlich reine Weste hat. Kaltenbrunner kommt zu dem Schluss: „Die Inseraten- und Förderpolitik von Österreichs Bundesregierung im Tageszeitungsmarkt ist in den vergangenen Jahren ideell und konzeptuell aus dem Ruder gelaufen.“

Antikorruptionsvolksbegehren

Die im Herbst publik gewordene jüngste Inseratenaffäre ist dabei nur ein Symptom von vielen anderen, die die in Österreich existierende Korruption aufzeigen. In dem 2020 von Transparency International veröffentlichen Korruptionsindex belegt Österreich derzeit mit 76 von 100 Punkten Platz 15 im internationalen Vergleich und hat somit definitiv noch Verbesserungsbedarf, wie auch Martin Kreutner, Mitbegründer des Antikorruptionsbegehrens, findet: „Auch haben wir in Österreich thematisch einen immer noch fast folkloristisch-verniedlichten Zugang zu Korruption.“ Hinter dem Antikorruptionsbegehren, das im Juni 2021 initiiert wurde, stehen dutzende prominente Unterstützer_innen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. 
Anhand 72 konkreter Forderungen rufen sie die Politik aktiv dazu auf, gegen die Auswüchse von Korruption in Österreich vorzugehen. „Obwohl Korruption in Österreich jährlich Schäden im zweistelligen Milliardenbereich verursacht – Gelder, die etwa für Klimaschutz, Ausbau der Universitäten, Menschenrechte, Kinder- und Familienbetreuung etc. genützt werden sollten - und zudem durch Korruption offensichtlich Wahlen beeinflusst worden sind während die Inseratenkorruption nie gekannte Ausmaße erreicht hat, tun wir vielerorts immer noch so, als ob dies ‚eh immer schon so gewesen‘ sei oder gar ‚sozialadäquat‘ wäre. Nein, ist es nicht!“, so Martin Kreutner. Bis zum 9. Dezember, dem Welt-Anti-Korruptions-Tag, wurden insgesamt tausende Unterschriften gesammelt, wodurch das Innenministerium dem Begehren nun eine Eintragungswoche zuweisen muss. 

Aber nicht nur externe Akteur_innen äußern Kritik am Umgang mit Inseraten. Viele Zeitungen sehen sich unter Generalverdacht. Der Verein der Chefredakteur_innen, dem die Boulevard-Medien übrigens nicht angehören, veröffentlichte im Oktober eine Stellungnahme, in der sie sich klar gegen die Vorwürfe aussprachen: „Die in den Justizunterlagen beschriebenen Zustände sind unethisch, unmoralisch und verwerflich. Medienkonsumenten wurden dadurch getäuscht, der Ruf der Medienbranche beschädigt.“ 

Was müsste passieren?

Die Probleme, die mit den bisherigen Förderungsgesetzen einhergehen, sind schon seit längerem bekannt. Tatsächlich gab es schon unter der Regierung Christian Kerns mit dem damaligen Kanzleramtsminister Thomas Drozda konkrete Pläne, die bestehenden Medienförderungen grundlegend zu ändern, indem die Presseförderung angehoben und die Inseratenvergabe reduziert werden sollte. Laut Drozda scheiterte das Vorhaben jedoch auf den letzten Metern, weil der damalige Koalitionspartner ÖVP intervenierte, wobei sicherlich auch nicht jede_r rote Minister_in von einem Inseraten-Entzug angetan gewesen wäre.  Im aktuellen Regierungsvertrag ist die Rede von einer „Überprüfung der derzeitigen Vergabe- und Förderkriterien" mit den Unterpunkten „Überprüfung der Kriterien der Inseratenvergabe der öffentlichen Verwaltung staatsnaher Unternehmen“ sowie der „Überprüfung des Medientransparenzgesetzes“. Was darunter zu verstehen ist bleibt zwar vage, dennoch besteht ein Bewusstsein für die Unabdingbarkeit einer Reform des vorherrschenden Systems.

Novellierung der Presseförderung

Eine Novellierung der Presseförderung scheint aufgrund der derzeitigen Dynamiken unabwendbar. Hierbei müsste für eine Presseförderung, die wirklich die Qualität und Vielfalt journalistischer Angebote gewährleistet, deutlich mehr Geld bereitgestellt werden als die bisher jährlich angesetzten knapp neun Mio. Euro. Zwei Beispiele, die in diesem Kontext immer wieder genannt werden, sind Dänemark und Schweden. So gibt Schweden (ca. 10,5 Mio. Einwohner_innen) jährlich knapp 70 Mio. Euro an Presseförderung aus. In Dänemark (ca. 5,5 Mio. Einwohner_innen) sind es sogar 60 Mio. Euro.** Auch hier wird die Presseförderung dazu genutzt, die Qualität, Vielfalt und den Vertrieb zu fördern, wobei in Dänemark seit 2013 noch eine zusätzliche Förderung für die Digitalisierung vorgesehen ist. 

Die derzeitige Ausschüttung horrender Summen für Inserate unterstützt insbesondere die Boulevard-Medien, die ihre Nachrichten ohnehin mit einem vergleichsweise geringen journalistischen Aufwand erstellen. Vielmehr müsste ein effektives Presseförderungsgesetz her, das gezielt mehr Geld für die Vielfalt an Medien sowie für die Zukunftssicherung und Qualitätsförderung bereitstellt. Die Vergabekriterien für  Förderungen sollten klar vorgegeben sein, sodass sowohl die Medien als auch die Presseförderungskommission, die über die Vergabe der Förderung entscheidet, diese effektiv umsetzen können. Eine solche Förderung könnte dann tatsächlich dazu beitragen, den politischen Diskurs durch qualitative Meinungspluralität zu bereichern. Eine konkrete Summe, wie hoch eine derartige Presseförderung sein müsste, nannte Kaltenbrunner im Interview mit Der Standard im Oktober 2021: „Wahrscheinlich wären 100 Millionen Euro ein sinnvoller Budgeteinsatz.“

Deckelung des Inseratenbudgets

Um eine solche Summe zu finanzieren, wäre eine Umverteilung des Inseratenbudgets möglich. Eine damit einhergehende Kürzung der Inseratenvergabe würde für viele Medienunternehmen einem kalten Entzug gleichkommen. In Anbetracht der enormen Summe, die die Boulevard-Medien erhalten, wäre es zumindest für die Gratis-Zeitungen fraglich, ob sie ihr Geschäft weiterhin aufrechterhalten könnten. Dabei darf es sicherlich nicht das Ziel eines entsprechenden Gesetzes sein, gewisse Zeitungen zu benachteiligen. Vielmehr sollte die Umverteilung des Inseratenbudgets zugunsten einer stärkeren Presseförderung dazu dienen, die Diskrepanz zwischen Auflagenmaximierung und journalistischen Qualitätskriterien zu minimieren.

Aber auch ohne eine Kürzung der Inseratenausgaben müssten die Vergabekriterien nachvollziehbaren Vorgaben entsprechen und transparent dokumentiert werden. Zwar müssen staatliche Stellen seit dem 2011 beschlossenen Medientransparenzgesetz ihre Inseratenausgaben offenlegen, jedoch sind die auf der KommAustria bereitgestellten Dokumente bislang noch unübersichtlich aufbereitet und teilweise lückenhaft, da Grauzonen des Gesetzes ausgenutzt werden, wie Kaltenbrunners Analyse aufzeigt. 

Was die Zukunft bringt

Für das Jahr 2022 ist nun eine Digitalisierungsförderung für etablierte Zeitungen und den Rundfunk in Höhe von 34 Mio. Euro allein für das erste Jahr geplant. Markus Mair, Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen, äußerste sich begeistert zu dem Gesetzesvorhaben: „Damit österreichische Medienunternehmen verlegerischer Herkunft auch nachhaltig konkurrenzfähig gegenüber den internationalen Online-Giganten sind, führt kein Weg an der Umsetzung der Digitalförderung vorbei. Diese ist damit eine notwendige Ergänzung zur bestehenden Presseförderung.“ Gleichzeitig gibt es aber auch Kritik an dem Vorhaben, so gab das forum journalismus und medien (fjum) zu bedenken, dass „bereits existierende, aber vor allem noch zu gründende, journalistische Digitalmedien einen klaren Wettbewerbsnachteil bzw. höhere Markteintrittsbarrieren haben.“ Erst die Umsetzung 2022 wird zeigen, welche Auswirkungen die Förderung auf die Dynamiken der österreichischen Medienlandschaft haben wird und wer schlussendlich davon profitieren wird. Zudem bleibt abzuwarten, ob die im Regierungsprogramm angekündigten Vorhaben zur Überarbeitung der Presseförderung umgesetzt werden. Genug (gute) Gründe für eine Änderung gibt es auf jeden Fall.  

* Da die Ermittlungen derzeit noch laufen und es noch zu keiner Verurteilung gekommen ist, gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.

** Die Zahlen beziehen sich auf die direkten Presseförderungen Schwedens und Dänemark vor der Covid-Pandemie. 

The (un)happy Prince

  • 01.03.2020, 11:54
Oscar Wildes Leben war geprägt von Glamour und Kunst. Gehasst und verehrt zu seiner Zeit war er ein Vorreiter für den offenen Umgang mit Homosexualität. Ein Portrait.

Als ich vergangenes Jahr auf der Suche nach einer neuen Lektüre den nächstgelegenen Büchertauschschrank unsicher machte, war unter meinen Errungenschaften ein Roman, der mir schon von mehreren Freund_innen als Lieblingsbuch empfohlen wurde: The Picture of Dorian Gray von Oscar Wilde. Und tatsächlich zog mich das Buch direkt in seinen Bann. Die Leichtigkeit der Sprache, der einzigartige, zuweilen zynische Humor und nicht zuletzt diese mystische Erzählung eines Jünglings, der sich in seiner jugendhaften Schönheit verliert, verleihen dem Prosawerk einen in der Literatur des 19ten Jahrhunderts einzigartigen Charme.

Ein exzentrischer Dandy. Man merkt diesem Buch – abgesehen vom Setting – kaum an, dass es vor knapp 120 Jahren in der viktorianischen Ära erschien; also zur wohl prüdesten Epoche der Weltgeschichte. The Picture of Dorian Gray ist das Portrait eines Dandys, der kein Geheimnis aus seiner Lust an sexuellen Ausschweifungen macht und durchaus autobiographische Parallelen zum Autor aufweist. Es ist wenig verwunderlich, dass es einen Skandal in der Londoner Oberschicht auslöste, in deren Kreisen Oscar Wilde verkehrte. Homosexualität selbst wird zwar nur angedeutet, aber die Zeitgenoss_innen sahen in dem Werk den Beweis für Oscar Wildes sexuelle Neigungen, die mit den viktorianischen Moralvorstellungen unvereinbar waren. Oscar Wilde war aber nicht nur wegen seines Prosawerkes Opfer zahlreicher Hetzkampagnen, sondern sein ganzes Auftreten gab den Kritiker_innen Anlass, sich an der auffallenden Persönlichkeit abzuarbeiten. Lange Kniehosen, Seidenstrümpfe, seine Vorliebe für Schönes, nicht zuletzt seine Wortgewandtheit und sein entwaffnender Humor prägten das Bild des Homosexuellen in der britischen Gesellschaft nachhaltig. Männer mit ähnlichen Begehren wurden noch lange Zeit nach Wildes Verurteilung als „Oscar“ verpönt.

Ob Oscar Wilde tatsächlich homosexuell war, ist bis heute umstritten. So gingen aus seiner Ehe mit Constance Lloyd zwei Söhne hervor; zudem sind zahlreiche Sympathien zu Frauen bekannt, die eine bisexuelle Orientierung des Poeten vermuten lassen. Seine Verhältnisse zu Männern beruhten zudem auf einer ephebophilen Neigung, da seine Liebhaber meist wesentlich jünger waren. Insbesondere die Verhältnisse zu den deutlich jüngeren Männern Robert Ross und Lord Arthur Douglas sind gut dokumentiert.

Der tiefe Fall des Genies. Letztere Beziehung führte zum Eklat, als der Vater von Lord Arthur Douglas Oscar Wilde öffentlich der Sodomie beschuldigte. Dieser Auseinandersetzung folgten drei Gerichtsverhandlungen, die zur Diskreditierung des einst so gefeierten Literaten führten. Auch der Roman The Picture of Dorian Gray wurde als Beweisobjekt für Wildes homosexuelle Unzucht (gross indecency) herangezogen. Schlussendlich waren es die Aussagen zahlreicher männlicher Sexarbeiter, die ihn belasteten und ihm zwei Jahre Haft in Kombination mit schwerer Arbeit im Zuchthaus einbrachten. Der einst so schimmernde, lebensfrohe und bei Zeiten arrogante Poet zerbrach an den Haftbedingungen. Nach seiner Freilassung kehrte er England den Rücken und verbrachte drei weitere von Trauer gekennzeichnete Jahre, ehe er im Alter von 46 Jahren starb. Die Rehabilitation der Person Oscar Wilde dauerte lange. Ihm wurde erst 2017 im Zuge des Alan Turing Law in Großbritannien mit knapp 49.000 weiteren homosexuellen Männern durch ein „Pardon“ vergeben. 117 Jahre nach seinem Tod!

Rechte Homosexueller weltweit. In Österreich wurde erst im Jahr 1971 wurde die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen eingestellt. Seit 2010 ist die eingetragene Lebenspartnerschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren in Österreich anerkannt und seit 2019 ist auch die Zivileheschließung hier möglich. Dennoch sind gleichgeschlechtliche Ehen immer noch nicht gänzlich gleichberechtigt. Auch in Bezug auf die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Homosexuellen, Bisexuellen und Queers ist die Gesellschaft noch nicht vollends aufgeschlossen. Dies zeigt sich vor allem im Vergleich von Stadt und Land sowie jung und alt. Weltweit sieht die Lage Homosexueller weiterhin Besorgnis erregend aus. Der von der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) herausgegebene Report on State-Sponsored Homophobia (2019) gibt an, dass 68 Staaten Homosexualität kriminalisieren (35 Prozent aller UN-Staaten), wobei in fünf Ländern (Mauretanien, Vereinigte Arabische Emirate, Katar, Pakistan und Afghanistan) sogar noch die Todesstrafe verhängt wird. Aber der Report macht auch Hoffnung, da weltweit eine Entkriminalisierung von Homosexualität zu beobachten ist. Vor allem in OstAsien bessert sich die Situation. Letztes Jahr führte etwa Taiwan als erstes asiatisches Land die Ehe für alle ein.

Man möchte sich überhaupt nicht vorstellen, wie viele Genies wie Oscar Wilde daran zerbrochen sind, nicht ausleben zu können, wer sie eigentlich sind. Kaum auszumalen bleibt, wie viel Kunst und Fröhlichkeit der Menschheit verloren geht, weil es Menschen verboten ist, die Menschen zu lieben, die sie wollen.