Ich bin mein Maßstab
Clemens Hoke (23) will schöne Architektur kreieren.
Clemens Hoke (23) will schöne Architektur kreieren.
Mit dem Architekturstudium zu beginnen, war für mich eine Rückkehr zur Freiheit. In meinem vorangegangenen Politikwissenschaftsstudium beschäftigte ich mich über Jahre mit Dingen, die andere gemacht haben. Jetzt kann ich selber etwas erschaffen. Nichts anderes bedeutet für mich Freiheit.
Diese Freiheit existiert in allen Formen von Kunst und ist für mich auch ihr definierendes Element. Die Architektur ist aber sicher eine der eingeschränktesten Künste. Sie muss sich in erster Linie am Menschen und in weiterer Folge an der Physik, den Gesetzen und den ökonomischen Rahmenbedingungen orientieren. Während andere Kunstformen oft einer intellektuellen und finanziellen Elite vorbehalten sind, ist die Architektur überall präsent und betrifft jeden Menschen, unabhängig von seiner Klassenzugehörigkeit. Deshalb ist Architektur auch immer politisch.
Der Mensch steht im Mittelpunkt der Architektur, denn er muss in ihr leben, arbeiten oder sie sonst irgendwie nutzen. Um den Bedürfnissen des Menschen nahezukommen, werden Konzepte erstellt, die sich an Statistiken und Theorien festhalten. Oft wird dabei eine Bevormundung oder eine Idealisierung der Betroffenen vollzogen, die der Realität fern ist. Diese Praxis, gepaart mit einer Mode der spektakulären Formen und computergenerierten Bilder, macht moderne Architektur oft so schlecht.
Egoistisch und unreflektiert. Ich habe einen anderen Ansatz, der, dessen bin ich mir bewusst, als egoistisch und unreflektiert aufgefasst werden könnte. Er orientiert sich nicht an Idealbildern, sondern an mir. Ein Haus zu entwerfen, in dem ich nicht selber wohnen will, ein Krankenhaus zu planen, in dem ich nicht Patient sein will, oder eine Universität zu bauen, an der ich nicht studieren will, ist für mich nicht tragbar. Das heißt nicht, dass ich nur für mich bauen will, aber der Schritt zu einem guten Gebäude erfolgt über mein persönliches Empfinden.
Um ein Gebäude so zu gestalten, dass es mir gefällt, verlasse ich mich hauptsächlich auf mein Gefühl. Beim Betrachten einer Fassade kann ich in einem Augenblick entscheiden, ob sie gut oder wertlos ist. Da gibt es keine Formel oder Theorie, die ich lernen muss oder kann. Es ist ein Gefühl, das ausgelöst wird durch Proportionen und Details, und es ist mein Ziel, dieses Gefühl bei jedem meiner Gebäude zu nutzen, um etwas Schönes zu bauen. Es muss dabei nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden und ich muss mich auch keiner Mode unterwerfen, denn Mode veranlasst Gleichschaltung und Bewertung nach falschen Kriterien, ihre Resultate sind meistens schlecht.
Proportionen und Details sind entscheidend. Wie ein Raum wirkt hängt von den Verhältnissen der einzelnen Elemente zueinander und von den Elementen selbst ab. Was in einem Raum steht ist ebenso wichtig wie die Ausführung der Bausubstanz. Ob eine Wand gerade oder handverputzt ausgeführt wird, ist nur ein Detail, das weder im Plan noch im computergenerierten Bild vorkommt, das aber für die Wirkung des Raumes eine große Rolle spielt. Ebenso verhält es sich mit dem Inventar eines Gebäudes.
Mir sagt der Ansatz zu, bis zur Einrichtung alles zu entwerfen. Nur so kann ein Bau zu einem Kunstwerk werden, sonst ereilt ihn das Schicksal vieler Bauten, die an sich gut sind, aber zugemüllt wurden mit Schildern, Bankomaten, Würstelständen, Reklametafeln und barocken Altären. Nur wenn alles in sich stimmig ist, kann ein Gebäude schön sein, und darum geht es für mich letztendlich – schön zu bauen.