Christian Hardinghaus

Traumberuf JournalistIn?

  • 13.07.2012, 18:18

Etwa 8000 JournalistInnen arbeiten derzeit hauptberuflich in Österreich. Der Kampf um feste RedakteurInnenstellen erfordert eine herausragende Qualifikation. Neben der guten journalistischen Ausbildung ist laut Autor vor allem eine Spezialisierung gefragt.

Etwa 8000 JournalistInnen arbeiten derzeit hauptberuflich in Österreich. Der Kampf um feste RedakteurInnenstellen erfordert eine herausragende Qualifikation. Neben der guten journalistischen Ausbildung ist laut Autor vor allem eine Spezialisierung gefragt.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich der Journalismus von der klassischen Literatur abgegrenzt und sich als eigenes Berufsfeld etabliert. Klar, einE SchriftstellerIn braucht Schreibtalent, um einen Roman zu verfassen. Doch wie viel Talent und wie viel Ausbildung stecken in einem Journalisten, einer Journalistin? Eine Frage, die wohl dazu beigetragen haben könnte, dass es bis heute keinen einheitlichen Ausbildungsweg für JournalistInnen gibt.
Rein juristisch darf sich in Österreich wie auch in Deutschland jede Person JournalistIn nennen, die mit Stift oder Tastatur etwas zu Papier bringt. In der Arbeitswelt sieht das natürlich anders aus. Redaktionen und Verlage in Deutschland setzen in der Regel ein Studium voraus.

Studium erwünscht. Tatsächlich haben 70 Prozent aller deutschen JournalistInnen ein abgeschlossenes Hochschulstudium, die wenigsten davon im Bereich der reinen Journalistikstudiengänge. In Österreich sind die Voraussetzungen nicht ganz so streng. Hier haben weniger als 40 Prozent der JournalistInnen ein abgeschlossenes Studium. Bisher galt aber die Matura als grundsätzliche Voraussetzung. Da aber auch hierzulande in Folge der Medienkrise der Markt umkämpfter geworden ist, stehen die Chancen für HochschulabsolventInnen um einiges besser.
Wie auch in Deutschland eröffnen sich in Österreich den AbsolventInnen „nicht-journalistischer“ Studiengänge die besten Möglichkeiten. So sagte Andreas Unterberger noch vor seiner Ablösung als Chefredakteur der Wiener Zeitung gegenüber Journalist-Online: „Unter den Studienrichtungen gibt es wieder klare Prioritäten. Die größte Chance auf eine Aufnahme in eine Redaktion eröffnet ein Wirtschaftsstudium, die schlechtesten ein Publizistikstudium. Generell gilt, dass jedes Studium, das vom Inhalt und Aufbau ein seriöses und qualitätsorientiertes Image hat, willkommen ist.“

Journalistisches Schreiben. Hier zeigt sich bereits, dass für journalistische Arbeit- oder AuftraggeberInnen ein fachliches „Vorauswissen“ gefragt ist. Neben dem Studium bleibt aber vor allem die Praxis von höchster Bedeutung. Denn zwar sollte eine gewisse Schreibaffinität vorhanden sein, doch gutes journalistisches Schreiben und Recherchieren unterliegt Kriterien, die erlernbar sind. Ein klassisches, 24 Monate dauerndes Volontariat bei einer Zeitung oder einem Verlag, wie es in Deutschland üblich ist, gibt es in Österreich nicht. Das wurde noch bis vor wenigen Jahren kritisiert. Doch auch in Deutschland verliert diese Form der Ausbildung an Bedeutung. Theorie wird in der Ausbildung kaum vermittelt, Verlage drücken sich vor der Bezahlung nach Tarif bzw. Kollektivvertrag.

Sach- und Fachkompetenz gefragt. In einer Redaktion ausgebildete JournalistInnen, ob nun durch Volontariat oder Quereinstieg durch Praktika, werden in der Regel in der Arbeitswelt flexibel einsetzbar, nicht aber spezialisiert sein. Gerade aber unsere Informationsgesellschaft, in der Wissen einen immer größeren Stellenwert einnimmt, verlangt nach ExpertInnen.
Das erkennen vor allem private Schulen und Akademien. Das Österreichische Journalisten-Kolleg des Kuratoriums für Journalistenausbildung (KfJ) in Salzburg schult neben der journalistischen Sachkompetenz explizit auch die Fachkompetenz. Wissen in einem speziellen Ressort, wie etwa in der Politik, Wirtschaft oder im Sport, sollen vertieft und erweitert werden. Ein ähnliches Konzept wird in der Freien Journalistenschule (FJS) in Berlin verfolgt. „Mit der Kombination aus Fachwissen und einer guten journalistischen Zusatzqualifikation können sich FachjournalistInnen von ‚AllrounderInnen‘ absetzen und haben deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt René Teichmann, Direktor der FJS.
Der Deutsche Fachjournalistenverband (DFJV), der in enger Kooperation mit der FJS steht, hat den weltweiten Branchenwandel längst erkannt und unterstützt die Entwicklung des fachlich orientierten Qualitätsjournalismus. „Deshalb gehört Journalisten die Zukunft, die sich auf ein Ressort spezialisiert haben. Denn nur sie verfügen über das Hintergrundwissen, das es ihnen ermöglicht, ihre Leser, Zuhörer und Zuschauer kompetent in ihrem Berichterstattungsfeld zu informieren“, heißt es auf der Homepage des DFJV.

Berufsbegleitende Ausbildung. Die FJS bietet AkademikerInnen ein Fernstudium an, in dem sie zusätzlich zu ihrem fachlichen, erworbenen Spezialwissen das nötige Rüstzeug erlernen, um sich als FachjournalistIn etablieren zu können. Die Haus- und Praxisarbeiten werden von zu Hause aus erledigt, DozentInnen und TeilnehmerInnen tauschen sich regelmäßig in Seminaren im Online-Campus aus. „Das Studium ist zeit- und ortsunabhängig, eine berufsbegleitende Ausbildung ist so möglich. Viele unserer TeilnehmerInnen kommen aus Österreich“, sagt Teichmann.
Leila Wabenneger etwa hat in Österreich Mikro-Biologie studiert und arbeitet bei einer amerikanischen Biotech-Firma in Wien. „Ich wollte nebenher Fachartikel auf meinem Gebiet schreiben. In Österreich habe ich nichts Passendes gefunden. Das Fernstudium ist auch von den Inhalten her optimal für mich“, sagt die Studentin der FJS.
Wie speziell und erkenntnisreich der Fachjournalismus Strukturen untersuchen kann zeigte das Urteil einer Gruppe britischer GolfjournalistInnen, die im Auftrag der International Association of Golf Tour Operators (IAGTO) 2004 weltweit fachlich recherchierten. „Das Golfland Österreich ist die Entdeckung des Jahres“, lautete ihr Fazit.
Ob nun Fernstudium, JournalistInnenschule oder Weiterbildung während Redaktionspraktika: Qualität wird in Zukunft eine immer gewichtigere Rolle im Journalismus einnehmen.
Denn Qualität bleibt auch im Journalismus einfach das beste Rezept.