Geduldig in die neue Zeit
Sind die Jungen in Österreich – Studenten, Schüler und alle anderen – schuld an der bedrohlichen Situation am Medienmarkt und damit an der Gefährdung der Demokratie in der Zukunft? Wenn man den jüngsten Äußerungen des erfahrenen Journalisten Heinz Nußbaumer glauben möchte, dann wäre das so. Er sieht nämlich die aktuellen Probleme des Journalismus langfristig als solche der Demokratie generell.
Sind die Jungen in Österreich – Studenten, Schüler und alle anderen – schuld an der bedrohlichen Situation am Medienmarkt und damit an der Gefährdung der Demokratie in der Zukunft? Wenn man den jüngsten Äußerungen des erfahrenen Journalisten Heinz Nußbaumer glauben möchte, dann wäre das so. Er sieht nämlich die aktuellen Probleme des Journalismus langfristig als solche der Demokratie generell. Was aber sollten die Jungen damit zu tun haben?
Die Argumentationskette der Antwort verläuft so: Wenn Junge nur mehr Gratiszeitungen konsumieren und sich im Internet herumtreiben, entziehen sie langfristig jenen Medien die wirtschaftliche Grundlage, deren Aufgabe es wäre, viel Geld in kritischen Journalismus als Korrektiv unerwünschter Entwicklungen im demokratischen Gefüge zu investieren. Schließlich lamentieren eben diese Medien seit geraumer Zeit über den wirtschaftlichen Schaden, der ihnen durch Gratisprodukte und das Web entstehe und begründen ihre verschiedenen Spar- und Einsparprogramme damit.
Tatsache ist, dass Nußbaumer recht hat, weil keine gefestigte Demokratie auf der Welt ohne kritische Medien abgesichtert werden kann. Tatsache ist aber auch, dass sich in Österreich seit ungefähr zehn Jahren – also ab einem Zeitraum, der außerhalb des Erinnerungsvermögens der meisten Studenten liegt – so etwas wie eine Interessensgemeinschaft zwischen Politik und Medieninhabern zur Zurückdrängung des kritischen Journalismus etabliert hat.
Politiker wollen es möglichst unkritisch, Verleger wollen es möglichst billig, eben weil ihre wirtschaftliche Situation unter Druck des Internet geraten ist. Die meisten von ihnen glauben, sich investigativen Journalismus, weil zu teuer, nicht mehr leisten zu können. Das alles geschah unter kräftiger Beihilfe der Gewerkschaft, die Umbrüche im Mediengeschehen einfach verschlafen und nicht rechtzeitig mit einer Änderung des Kollektivvertrages reagiert haben, der nur Privilegien aus einer ganz anderen Medienwelt absichert, den jungen Journalisten in Wahrheit aber nur Nachteile bringt.
Weil Verleger sich auf eben diese unzeitgemäßen Privilegien nicht mehr einlassen wollen, verweigern sie den Jungjournalisten die Anstellung und somit die Absicherung, die aber wiederum Voraussetzung für den Mut zur Kritik, zur demokratiepolitischen Wachsamkeit und zum Unbequemen ist.
Den Jungjournalisten ist der geringste Vorwurf zu machen. Sie versuchen nur, in einer Medienwelt zurecht zu kommen und Fuß zu fassen, die ihnen zwar eine Quantität an Zeilenproduktion, aber keine Qualität in Kompetenz und Sachkenntnis abverlangt. Die Zeit für Recherche, Vorbedingung für kritische Auseinandersetzung mit Ereignissen und Entwicklungen, wird nicht honoriert und daher auch nicht aufgebracht.
Weil es unter den genannten Bedingungen für viele junge Journalisten aber eben um das materielle Überleben geht, werden in den meisten Fällen demokratiepolitische und ethische Überlegungen zurück- oder gar verdrängt. Wenn Medieneigentümer und Medienmanager aus den verschiedensten Gründen –einige davon aus Rücksicht auf die Politik und ihre Vertreter – an investigativen Journalismus gar nicht mehr interessiert sind, werden die jungen Journalisten nicht darauf bestehen können oder wollen.
In die Pflicht sind Politik, Verlage und eben auch die Journalistengewerkschaft zu nehmen. Sie handeln seit Jahren demokratiepolitisch extrem fahrlässig und kurzsichtig. Der Einheitsbrei mancher Nachrichtenproduktionen kann auf Dauer keine wirtschaftliche Absicherung der Produkte sein. Politiker, die heute über den Mangel an kritischer Betrachtung ihrer Arbeit jubeln, werden ihn morgen, wenn andere an der Macht sein werden, beklagen. Die Funktionäre der Gewerkschaft versündigen sich an der nächsten Journalisten-Generation.
Schon zeichnet sich in den angelsächsischen Ländern trotz einer viel brutaleren Medienlandschaft eine Gegenbewegung ab. Sie wird mit einiger Verspätung Österreich erreichen. Darauf sollten sich junge Journalisten vorbereiten. Dafür sollten sie mit Kompetenz und Sachkenntnis gewappnet sein. Das könnte dann ihre Zeit werden.