Aurora Orso

Eine Weltreise in Graz: Die Diagonale 2013

  • 23.04.2013, 15:19

Auch wenn die Diagonale ein Festival des Österreichischen Films ist, bereist man beim Besuch der Veranstaltung die ganze Welt und unbekannte Lebenswelten. Aurora Orso berichtet von der Stimmung im Aufbruch.

Auch wenn die Diagonale ein Festival des Österreichischen Films ist, bereist man beim Besuch der Veranstaltung die ganze Welt und unbekannte Lebenswelten. Aurora Orso berichtet von der Stimmung.

Auf der Diagonale, die dieses Jahr vom 12. bis 17. März  stattfand, war zum ersten Mal die gesamte „Paradies"-Trilogie von Ulrich Seidl als Gesamtwerk zu sehen. Wie die Titel suggerieren, handeln sie von Liebe, Glaube und Hoffnung. Provokant und intelligent folgt Seidl seinen ProtagonistInnen in höchst intime Sphären. Mit dem Lob, das er für die Filme erntet, ist er auf der Diagonale gut aufgehoben.
Das Engagement und den Anspruch, zum Denken anzuregen, ist erfrischend und wird von vielen FilmemacherInnen der Diagonale geteilt. Ein gutes Beispiel hierfür ist der junge Regisseur der Dokumentation Jakarta Dissorder, Ascan Breuer. Hautnah berichtet er über Slumsiedlungen, die einem gigantischen Wohnbauprojekt weichen sollen.
Während Politiker mit leeren Versprechungen um sich werfen, müssen sich Menschen in den Slums von Jakarta täglich ihrer prekären Realität stellen. Während der Wahlkämpfe werden Stimmen „gekauft“, bloß um danach weiter zu wüten und zu vertreiben.
Die BewohnerInnen, deren Existenz durch das brutale Überfahren in Frage gestellt wird, sind ratlos.
Zwei Frauen, die den Bürgern und Bürgerinnen der jungen indonesischen Demokratie ihre Macht als WählerInnen klar machen möchten, stehen im Mittelpunkt der Erzählung.
Sie setzen einen „politischen Vertrag“ auf und machen sich gemeinsam mit SympathisantInnen aus den ärmsten Vierteln und gefolgt von einer Kamera auf die Suche nach 1,5 Millionen UnterstützerInnen. Gefordert wird Gerechtigkeit. Die 1,5 Millionen Wählerstimmen dieser UnterstützerInnen werden demjenigen zugesagt, der den „politischen Vertrag“ unterschreibt.
Die Publikumsgespräche erfreuen sich großer Beliebtheit.Eine Frau erhebt sich erregt „Dieser Film hat mich sehr berührt. Ich bin selbst aus Indonesien und wohne in Österreich. Wir haben hier in Graz einen indonesischen Verein gegründet.“
Im Vergleich zum Vorjahr durfte sich das Festival mit 21 Österreichpremieren über einen BesucherInnenanstieg von etwa 1.000 Personen freuen.
Der Zuspruch kann sich mit einer Vielzahl an anwesenden RegisseurInnen erklären, welche sich nach etlichen Filmen den Fragen des Publikums stellen. 38 Uraufführungen und 21 Österreich-Premieren standen auf dem Programm. Die Diagonale wird dem Österreichischen Film gerecht, welcher dieses Jahr durch seine Reflektion und Einfühlsamkeit beeindruckt. „Der Glanz des Tages“ wurde von der Jury zum besten österreichischen Spielfilm 2013 gekürt.

Trickreiche Frauen vernetzen sich

  • 18.03.2013, 14:36

Das diesjährige Tricky Women Festival fand vom 7. bis 10. März in Wien statt. Aurora Orso besuchte das Frauentrickfilmfestival und sammelte Eindrücke.

Das diesjährige Tricky Women Festival fand vom 7. bis 10. März in Wien statt. Aurora Orso besuchte das Frauentrickfilmfestival und sammelte Eindrücke.

Hasserfüllte Blicke der Dorfbewohner treffen die junge Frau wie Dolchstiche, wütende Augen wie die wilder Tiere funkeln sie aus der Dunkelheit an. Immer noch schallen die Schreie des verstoßenen Kindes in ihren Ohren.  Düster, beklemmend und technisch eindrucksvoll ist der diesjährige Preisträgerinnenfilm des tricky women Festivals. „Sonst fürchte ich mich immer bei Gruselfilmen und jetzt habe ich selbst einen gedreht“, gluckst die Filmemacherin Julia Ocker etwas verlegen bei der Preisverleihung. Das Publikum lacht erleichtert nach der Vorführung ihres Filmes Kellerkind, welcher die dunkle Seite des Mutterseins beleuchtet. Sie sei überrascht gewesen, dass ihre Abschlussarbeit dem Publikum so unheimlich vorkam. „Wenn ich den Film sehe, sehe ich vor allem die Dinge, die ich hätte besser machen können. Aber ich glaube, das geht den meisten Filmschaffenden so.“ Weitere Preise gingen an „Der Allergietest" von Mariola Brillowska, „Achill" von Gudrun Krebitz und „Vérité Věříté Vanité" von Theresa Gregor.

Tricky Women, das Frauentrickfilmfestival, welches von 7. bis 10. März und dieses Jahr zum ersten Mal im Haydnkino stattfand, macht es sich zum Ziel, „ein Forum zum Austausch und  zur Förderung der Trickfilmszene zu bilden“, wie eine Mitarbeiterin des Festivals sagt. Die Bandbreite der Werke reicht von der tragikomischen Realität eines einsam lebenden Mannes, der sich von allerlei Insekten sexuell angezogen fühlt, über experimentelle Filme, bis hin zur rührenden Geschichte eines Kükenmädchens, das fliegen lernen möchte.  „Highly educational“ Zeichentrickfilme mit dem Ziel, sexuelle Tabus aufzuzeigen und mit einer natürlichen Leichtigkeit auch noch zum Lachen bringen kommen aus der Serie „Teat Beat of Sex” von Signe Baumane, einem Jurymitglied. Sie schafft es, in ihren Filmen traurige Wahrheiten unserer Gesellschaft auf einfühlsame und humorvolle Art zu verarbeiten. Die meisten der gezeigten Filme können sich mit Ähnlichem rühmen. Ebenso vielfältig wie die Themen sind auch die Techniken: von Zeichentrick über stop motion bis zu 3D ist alles dabei. Um das Programm abzurunden, wurden Workshops und kostenlose Mini-Seminare angeboten.
Von ihren Kolleginnen und dem Festival begeistert zeigt sich Lourdes Villagómez, ebenfalls Jurymitglied:  „Seit Jahren möchte ich hier herkommen und ich bin sehr froh, endlich persönlich dabei zu sein. Es ist großartig.“ Die Animationskünstlerin, Regisseurin, Lehrerin, Programmiererin und Produzentin war für die Auswahl des Programmabschnitts Spot on Mexico and Spain verantwortlich und war außerhalb des Wettbewerbs auch mit ihrem Werk „Syndrome de Line Blanca“ vertreten. Der  Film geht auf sehr kreative und humorvolle Art mit dem Druck zu heiraten und eine Familie zu gründen um.

Sie schwärmt außerdem von der freundschaftlichen Atmosphäre. Bei „gemischten" Festivals gehe es viel offensichtlicher um professionelles Networking und um Geschäfte. Hier schwinge auch eine persönliche Ebene mit.
Allerdings sei die Zuwendung durch das österreichische Publikum ausbaufähig. „Ich finde es schade, dass die Leute in Wien kaum wahrnehmen, was für eine einzigartige Veranstaltung hier stattfindet.“ Tricky Women ist weltweit das einzige Festival, welches sich speziell dem weiblichen Trickfilmschaffen widmet. An der Qualität und am Charme des Festivals kann das mangelnde Interesse wohl nicht liegen. Die Eintrittspreise von neun beziehungsweise acht Euro könnten ein Grund dafür sein. Die diesjährigen Teilnehmerinnen nehmen neben der Inspiration aus den gesehenen Filmen und den geschlossenen Freundinnenschaften auch neue Projekte mit. Villagómez freut sich auf das baldige Entstehen einer Plattform mit Tipps, Erfahrungsberichten und Vernetzungsmöglichkeiten für die Finanzierung von Animationsfilmen in Blogform und ist fest entschlossen, das Festival nicht zum letzten Mal besucht zu haben.

„Oh Yeah, She Performs“

  • 16.11.2012, 12:37

„Oh Yeah, She Performs“. Eine Filmrezension.

„Oh Yeah, She Performs“. Eine Filmrezension.

„Nicht voyeuristisch, sondern gefühlvoll“ wirft Miriam Unger  in ihrem neuen Film „Oh Yeah, She Performs“   einen Blick hinter und vor die Bühne des Lebens von Clara Luzia, Luise Pop, Gustav und Teresa Rotschopf, vier österreichische Ausnahmemusikerinnen mit einer unbeirrbaren „Do it yourself“-Attitüde. Gezeigt  wird keine verklärte Romanze des KünstlerInnendaseins, sondern dessen Realität mit all seinen emotionalen und finanziellen Schwierigkeiten; mit langwierigen Soundproben und dem Nachdenken über den Seelenstrip, der da auf der Bühne hingelegt wird.

„Wir sind am Tun gewachsen”, beschreibt Vera von Luise Pop den Karriereweg ihrer Band, bestehend aus mehreren Frontfrauen und einem Mann.
Zwei Jahre lang begleitet Unger diese vier außergewöhnlichen  Frauen, bei ihrem Tun und Wachsen. Eine Reise, welche uns unter anderem durch die Schwangerschaft von Gustav führt, die Entwicklung Theresa Rotschopfs zur Solokünstlerin zeigt und uns die Möglichkeit gibt, mit Clara Luzia im Gras zu sitzen und ihr beim Erzählen von Geschichten aus ihrer Schulzeit zu lauschen. Der Blick der Regisseurin ist intim, die Musikerinnen scheinen sich während der Gespräche wohl zu fühlen und lassen sich bereitwillig bei ihrem Schaffen über die Schulter schauen. Ihr Film, sagt Unger, ist „ein Film über das Arbeiten“. Das Private sollte nur im Zusammenhang mit der Arbeit der Künstlerinnen geschehen. Diese gelungene Mischung lässt auf wunderbare Art beim Publikum das Gefühl des Mittendrinseins entstehen.

„Oh Yeah, She Performs“ erzählt die Geschichte von vier bemerkenswerten Frauen, die ihrer Leidenschaft und Überzeugung folgen und sich dabei gegen die immer noch Männer dominierte Musikbranche auflehnen. Was Miriam Unger mit dem ihrem Film, strotzend vor starken Frauen hinter und vor der Kamera erreichen möchte? Natürlich vor allem den Bekanntheitsgrad der Musikerinnen steigern.  „Aber auch, dass die Kraft dieses Filmes als Funke auf kommende Generationen übergeht und dazu ermutigt, Eigeninitiative zu zeigen. Er ist gesungene Zivilcourage und ein Symbol zum Lautwerden“.

„Oh Yeah, She Performs“ ist seit 9. November österreichweit im Kino.

Offizielle Webseite zum Film

Trailer zum Film: