Volle Kontrolle der virtuellen Identität
Debatten über die digitale Sicherheit von Facebook werden immer lauter. Vier New Yorker-Studenten haben ihre eigene Alternative zu diesem Problem gefunden: In wenigen Wochen wird ihre Antwort auf Facebook gelauncht: Das neue Social-Network Diaspora.
Debatten über die digitale Sicherheit von Facebook werden immer lauter. Vier New Yorker-Studenten haben ihre eigene Alternative zu diesem Problem gefunden: In wenigen Wochen wird ihre Antwort auf Facebook gelauncht: Das neue Social-Network Diaspora.
"Den Datenschutz berücksichtigendes Open Source Social Network mit voller NutzerInnenkontrolle“, ist das ausformulierte Ziel der Diaspora-Gründer. Anstatt die Kommunikation wie bei bestehenden AnbieterInnen über einen zentralen, gewinnorientierten Server laufen zu lassen, sollen die zukünftigen Diaspora-NutzerInnen durch ihre Anmeldung ihren eigenen Diaspora-Seed erhalten. Dieser Samen in Form eines Webservers aggregiert dann die persönlichen Daten und Informationen und kann mit anderen UserInnen verbunden werden. Durch die verschlüsselte Kommunikation haben die NutzerInnen somit selbst die volle Kontrolle, wem sie den Zugriff auf persönliche Informationen gewähren. Dass die vier Studierenden aus New York ihr Projekt als freie Software planen, ist ein gravierender Unterschied zu den bisherigen Social-Network-AnbieterInnen. Jedoch ist die Freigabe der Lizenz, so dass jeder Mensch sie beliebig kopieren, verbreiten und nutzen darf, auch noch kein Garant zum Erfolg. Der Open-Source-Anbieter von Twitter Status.net ist beispielsweise immer noch eher unbekannt.
Das Interesse an einen für NutzerInnen freundlichen Social-Network ist in jedem Fall sehr groß. Die Diaspora-Gründer wandten sich im Bezug auf Finanzierung ihres Projektes an die Crewfunding-Plattform Kickstarter. Ihre Innovation fand Anklang, und so hatten die vier Erfinder das benötigte Budget von 10.000 Dollar in zwölf Tagen zusammen und hörten bei diesem Betrag nicht auf, Geld für ihr Projekt zu sammeln.
Die vier IT-Studierenden haben sich offenbar auch genau den richtigen Zeitpunkt ausgewählt, um mit ihrer frisch geborenen Idee an die Öffentlichkeit zu gehen. Im Mai, nach der Facebook-Entwicklerkonferenz F8 rief die Facebook Inc. aufgrund ihrer Erneuerung im Umgang mit persönlichen Daten nicht nur überzeugte DatenschützerInnen auf den Plan.
Sie präsentierten dem Publikum neben den neuesten Plänen im Bezug auf die Social-Plugins, welche die Interaktion mit anderen Websites fördern sollen, auch die überarbeiteten Datenschutz-Richtlinien. Die privaten Daten, wie persönliche Informationen, Fotos, etc. sollten zu kommerziellen Zwecken an Dritte weitergegeben werden.
Mit dem geplanten offenen Umgang und dem offiziellen Weiterkauf persönlicher Informationen ging die Facebook Inc. um Mark Zuckerberg aber womöglich einen Schritt zu weit.
Facebook übernimmt das Netz. Facebook hat laut eigenen Angaben rund 500 Millionen aktive NutzerInnen weltweit und ist damit die größte Social-Community. Die Nutzung von Facebook ist für die UserInnen kostenlos, aber im Endeffekt sind es doch die NutzerInnen, die bezahlen. Im Gegensatz zum Open Source Modell Diaspora ist Facebook eine kommerzielle Social Software.
Die Facebook Inc. hat allerdings noch kein kostendeckendes Geschäftsmodell entwickeln können – durch die rasant steigende NutzerInnenzahl und die damit verbundenen Kosten reicht der geschätzte Jahresumsatz von 700 bis 800 Millionen Dollar nicht, um die nötigen Ausgaben durch die konkreten Einnahmen zu finanzieren. Aber nicht nur Mark Zuckerberg und die weiteren Facebook-Stakeholder versuchen, von dem Sozialen Netzwerk finanziell zu profitieren. Viele Firmen nutzen die kommerziellen Angebote auf der Internetseite wie etwa das Targeting und Empfehlungsmarketing.
Das Targeting ist der englische Begriff für personalisierte Werbung. Firmen haben also Zugriff auf Basisinformationen wie Alter, Geschlecht und Herkunft, aber auch individuelle Eingaben wie spezifische Interessen oder favorisierte Lektüre können für Firmen sichtbar gemacht werden. Diesen wird dadurch ermöglicht noch besser auf die vermeintlichen Bedürfnisse ihrer potentiellen KundInnen einzugehen.
Facebook vs. Diaspora. Der Facebook Inc. reicht es aber nicht mehr, die beinahe konkurrenzlose Nummer Eins unter den Social-Networks zu sein: Mark Zuckerberg und seine MitstreiterInnen haben es deutlich gemacht: Sie wollen auf jede Homepage.
Das Werkzeug dazu ist das Open Graph Protocol dass die Kommunikation zwischen Facebook und anderen Websites fördert. Mit ganz einfachen Mitteln können so Website- BetreiberInnen so genannte Share- und Like-Buttons auf ihre Home- page hinzufügen, die sofort mit Facebook interagieren und die jeweilige Nachricht automatisch auf das Profil der BenutzerInnen posten.
Ob die Quasi-Monopolstellung von Facebook überhaupt noch gebrochen werden kann, haben sich die vier Studierenden auch gefragt. Ein Zwischenschritt soll daher sein, bereits existierende Social-Networks wie eben Facebook oder auch twitter und flickr auf der neuen Diaspora-Seite zu integrieren.
Wir dürfen gespannt sein, im Herbst wird die revolutionäre Plattform gelauncht, die es den UserInnen erlaubt, selbst im Besitz ihrer Daten zu sein.