Vierhundert Euro für eine Stimme
Bei den vergangenen ÖH-Wahlen konnte in Österreich erstmals über das Internet gewählt werden. Das „Projekt E-Voting“ war von Anfang an umstritten und heftig diskutiert. Nun sind die Wahlen geschlagen – doch die Gemüter kommen auch nach Abschluss der Wahl und Auszählung der Stimmen nicht zur Ruhe.
Bei den vergangenen ÖH-Wahlen konnte in Österreich erstmals über das Internet gewählt werden. Das „Projekt E-Voting“ war von Anfang an umstritten und heftig diskutiert. Nun sind die Wahlen geschlagen – doch die Gemüter kommen auch nach Abschluss der Wahl und Auszählung der Stimmen nicht zur Ruhe.
Fünfundzwanzig Personen erhoben gegen die Wahl Einspruch. Und „praktisch alle Einsprüche richten sich gegen das E-Voting“ sagt Bernhard Varga, Vorsitzender der Wahlkommission.
Was wird beanstandet? Laut Hans Zeger von der ARGE Daten ist das gesamte „System E-Voting“ nicht ausgereift, und wird es auch nie sein. Egal, wie technisch gefinkelt das Konzept auch sein möge, die Transparenz, die für das Akzeptieren eines Wahlergebnisses notwendig sei, werde durch das E-Voting komplett aufgehoben. Ähnlich sieht das auch Peter Purgathofer, Professor an der TU Wien und bekennender E-Voting-Kritiker. „Man gibt seine Stimme am Computer ab und muss darauf vertrauen, dass die Prinzipien der geheimen und freien Wahl eingehalten werden. Wir können das nicht selbst überprüfen, wir können es nicht nachvollziehen und wir können es auch nicht verstehen“, sagt er. Er gründete deshalb mit MitstreierInnen die Online-Plattform papierwahl.at, die die Öffentlichkeit über die Gefahren von E-Voting aufklären will.
Doch nicht alle beurteilen den E-Voting-Versuch bei den ÖH-Wahlen so negativ. Für Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) war es ein Erfolg. Trotz hoher Kosten und geringer Beteiligung zeigt er sich nicht unzufrieden, und sagte einer Tageszeitung, dass „einem Demokratie schon etwas wert sein kann“. 900.000 Euro um genau zu sein. 2161 Studierende der rund 230.000 Wahlberechtigten nahmen die Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe wahr, das bedeutet: jede einzelne dieser Stimmen war dem Minister 403,35 Euro wert. Was sehr viel Geld ist, bedenkt man die übliche Knausrigkeit, wenn es um Geldflüsse in Richtung Universität geht. Der größte Brocken des ausgegebenen Geldes ging noch dazu nicht für technische Maßnahmen drauf, sondern für Werbung. Inserate und kostenlose Kartenleser-Verteilaktionen sollten die Studierenden dazu animieren, ihre Wahl an der elektronischen Urne am Computer durchzuführen.
Für Hahn zählt das nicht. Ihm ist allein wichtig, dass die Wahl „technisch und juristisch okay über die Bühne ging“. Trotz minimaler Beteiligung und hohen Kosten war sie für ihn ein Erfolg, der den Weg für den Einsatz von E-Voting bei anderen Wahlen ebnen soll. Mehrere ExpertInnen, die von Hahn im Vorfeld der ÖH-Wahl zu Hintergrundgesprächen gebeten wurden, berichten, der Minister plane den Einsatz von E-Voting bei kommenden Nationalratswahlen.
Ob das E-Voting bei der vergangenen ÖH-Wahl nun ein Erfolg war oder nicht, kommt also darauf an, wo gefragt wird. Eines hat es allerdings auf keinen Fall gebracht – eine höhere Wahlbeteiligung: Die lag so niedrig wie noch nie bei einer ÖH-Wahl. Das mutet merkwürdig an: BefürworterInnen führten das Ziel einer höheren Wahlbeteiligung immer als Hauptgrund für E-Voting an.