Sinn und Unsinn von Praktika
Der offizielle Sinn eines Praktikums während der Studienzeit ist relativ naheliegend: Berufserfahrungen zu sammeln. Doch wird dieses Ziel auch wirklich erreicht und vor allem: Ist dieses Ziel genug, um den oft steinigen Weg zu rechtfertigen? – Ein Kommentar.
Der offizielle Sinn eines Praktikums während der Studienzeit ist relativ naheliegend: Berufserfahrungen zu sammeln. Doch wird dieses Ziel auch wirklich erreicht und vor allem: Ist dieses Ziel genug, um den oft steinigen Weg zu rechtfertigen? – Ein Kommentar.
Viele PraktikantInnen werden als billige Arbeitskräfte missbraucht und nur allzu oft lernen sie dabei nicht einmal sonderlich viel über den eigentlichen Job, sondern bekommen Aufgaben zugeteilt, die sonst niemand machen möchte. Gerade im sozialen Bereich dürfen sie nicht einmal mit einer Entlohnung für ihre Dienste rechnen, und wenn, dann ist es meist eher angebracht, diese kleine Summe als Entschädigung zu bezeichnen denn als tatsächlichen Lohn. Aber auch hier bestätigen natürlich Ausnahmen die Regel: Einige wenige glückliche PraktikantInnen können gleich mit dem Einstiegsgehalt von regulären MitarbeiterInnen in einem Betrieb anfangen. Da dies aber eben leider nur die Ausnahme ist, stellt sich die Frage: Warum sollte ich tun, was von mir verlangt wird, wenn ich dies absolut nicht will und ich noch nicht einmal dafür entlohnt werde? In einigen Studienrichtungen sind Praktika ja verpflichtend. Gerade hier und wiederum gerade im Sozialbereich ist die Wahrscheinlichkeit, dafür bezahlt zu werden, sehr gering. Dafür ist allerdings ein anderer Ansporn gegeben: Du wirst für das, was du tust, bewertet und diese Bewertung fließt in den Studienerfolg ein. Wenn ich jedoch aus eigenem Antrieb ein Praktikum mache und mir dieses dann nicht zusagt, ich das Gefühl habe, bloß ausgebeutet zu werden – was hält mich davon ab, alles sofort wieder hinzuschmeißen, wenn ich dafür weder sinnbringende Erfahrung, noch verwendbare Kontakte, noch Geld bekomme? Ich würde sagen, nichts. Also, fades Praktikum ade, ich wende mich lieber einem anderen zu, das mir Spaß macht. Und vielleicht gibt’s als i-Tüpfelchen sogar noch ein bisschen Bares oben drauf. Studierende haben’s ja schließlich nicht unbedingt so dick.
Der richtige Zeitpunkt. Ob es überhaupt notwendig ist, während des Studiums Berufserfahrung zu sammeln, ist eine andere Frage. Eigentlich sollte ein Studium an sich schon genug Vorbereitung auf das Berufsleben bieten, vor allem die Bachelorstudiengänge, die sich ja genau damit so sehr zu rühmen versuchen. Ich halte es allerdings sehr wohl für sinnvoll, sich das wirkliche Leben außerhalb der Uni oder FH einmal anzusehen, bevor sie eineN sozusagen ins kalte Wasser schmeißen. Klug wäre es wahrscheinlich auch, dies nach einer nicht allzu hohen Semesteranzahl zu tun. Wenig ist zermürbender als mit einem Studienabschluss in der Tasche in einem Beruf zu landen, von dem du dann herausfinden musst, dass er nicht das Richtige für dich ist. Außerdem kann es natürlich auch bereits während der Ausbildung nicht schaden, sich gewisse Bänder zu knüpfen.
Kontakte knüpfen. Im Zuge eines Berufspraktikums erschließt sich die Möglichkeit, nicht nur einen Arbeitsbereich und die wirkliche Arbeitswelt kennen zu lernen, sondern auch gleich einige Pfade auszutreten, deren Betreten nach dem Studium dadurch erleichtert wird. Und wenn du nach dem Studienabschluss schon weißt, welches Arbeitsklima und welche KollegInnen dich im Beruf erwarten, dann ist die wirkliche Welt doch gleich um einiges weniger anonym und beängstigend. Selbst wenn ich in einem Praktikum herausfinden sollte, dass ich diese Arbeitsstelle sicher nie wieder betreten möchte, so bin ich zumindest um diese Erfahrung reicher geworden und weiß, wo ich mich später nicht mehr bewerben muss. Auch die umgekehrte Variante des Kontakte-Knüpfens ist sicherlich nützlich: In einem Betrieb, in dem ich schon gearbeitet habe, muss ich nicht mehr lange getestet und eingeschult werden, sondern ich kann direkt dort eingesetzt werden, wo ich gut bin. Dies ist sowohl ein Argument für den Betrieb, mich zu nehmen, da die dortigen MitarbeiterInnen sich dadurch natürlich Arbeit sparen und auch für mich selbst vorteilhaft, weil ich schon weiß, was ich hier machen kann und möchte.