Privatunis ohne Demokratie
Aufgrund einer Gesetzesnovelle sind Studierende an Privatunis seit 2005 nicht mehr Teil der ÖH. Es folgte ein Kampf für eine gesetzliche Vertretung.
Aufgrund einer Gesetzesnovelle sind Studierende an Privatunis seit 2005 nicht mehr Teil der ÖH. Es folgte ein Kampf für eine gesetzliche Vertretung.
Studierende an einer Privatuniversität haben laut dem Privatuniversitätengesetz (PUG) die gleichen Rechte wie jene an öffentlich-rechtlichen Universitäten. Im Gegensatz zu öffentlichen Unis, FHs oder PHs ist die Vertretung Privatuni-Studierender jedoch nicht gesetzlich verankert, da sie als einzige nicht vom HochschülerInnenschaftsgesetz (HSG) erfasst werden. Durch die im Jahr 2005 erfolgte Novellierung des HSG durch die schwarz-blaue Regierung wurden Privatuni-StudentInnen aus der ÖH ausgeschlossen. Sie hätten „kein Interesse an der Mitgliedschaft in der Österreichischen HochschülerInnenschaftsgesetz“, so die offizielle Begründung für die Gesetzesänderung. Seitdem fehlt Studierenden an Privatunis nicht nur die studienrechtliche Absicherung, sondern auch eine bundesweite Vertretung. Viktoria Spielmann vom Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung kann das nicht nachvollziehen: „Für uns ist nicht verständlich, warum Studierende der Privatunis weniger demokratische Rechte haben sollen. Wir kämpfen schon seit einiger Zeit dafür, dass an allen Privatunis Studierendenvertretungsstrukturen entstehen. Diese sind in den meisten Fällen bisher nicht vorhanden und daher sind Studierende permanent vom guten Willen der Studienleitung oder des Rektorats abhängig. Studentische Mitbestimmung im Alltag der Hochschule zu gewährleisten ist unter diesen Umständen äußerst schwierig.“
Privatunis können in Österreich seit 1999 gegründet werden, für deren Zulassung ist die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) zuständig. Diese sieht die studentische Mitbestimmung zwar als wichtig an, gibt für die Umsetzung aber nur eine Richtlinie vor: Jede Privatuniversität soll gemeinsam mit den Studierenden eine gewählte Studierendenvertretung einrichten. Wie diese genau aussieht, ist den Privatunis selbst überlassen. Die Rechte und Pflichten der StudentInnen sind in der jeweiligen Satzung oder den Aufnahmeverträgen festgehalten. So variiert etwa die Anzahl der StudierendenvertreterInnen in den Gremien von Universität zu Universität. Spielmann erläutert: „Die Rechtsverhältnisse zwischen Studierenden und der Privatuni sind privatrechtlicher Natur. Das bedeutet, dass Studierende der Privatunis sehr viel weniger Rechte haben als Studierende an öffentlichen Universitäten. Konkret heißt das auch, dass es Studierenden an Privatunis sehr viel schwerer gemacht wird, gegen ihre Universität rechtlich vorzugehen, etwa im Falle einer studienrechtlichen Überschreitung.“ Studierende an Privatuniversitäten können aber Beschwerden über Missstände und nicht rechtskonforme Vorgangsweisen schriftlich bei der AQ Austria einbringen.
Ombudsstelle. Einen Überblick über die Probleme der Privatuni-Studierenden liefert die Ombudsstelle für Studierende. Diese nimmt sowohl bei individuellen Problemfällen als auch bei systemischen Missständen eine vermittelnde Rolle ein, wenn die lokalen Studierendenvertretungen nicht weiterhelfen können. Trotz des Ausschlusses aus der ÖH wenden sich Studierende an Privatuniversitäten nicht öfter an die Ombudsstelle als andere Studierende: Zwei Prozent der bearbeiteten Anliegen wurden laut dem Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle von Privatuni-Studierenden eingebracht. Nach ihrer Beratungstätigkeit im vergangenen Berichtsjahr schlägt die Ombudsstelle den RektorInnen der Privatunis vor, dass Privatuniversitäten nach erfolgter Aufnahme tatsächlich einen Ausbildungsvertrag mit den Studierenden abschließen sollten. Dieser soll unter anderem die Kosten der Ausbildung, Hinweise auf die Akkreditierung, das gültige Curriculum sowie Gründe für die Auflösung des Vertrages umfassen.
Kampf gegen Rechtlosigkeit. Für die rechtliche Absicherung und die bundesweite Vertretung der Privatuni-Studierenden machen sich verschiedene Personen und Institutionen stark: So forderte beispielsweise Michael Rosenberger, Rektor der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz (KTU Linz), in einer Stellungnahme zum Entwurf einer Novelle des HSG die Einführung einer Öffnungsklausel, die einen freiwilligen Beitritt von Studierendenschaften an Privatuniversitäten zur ÖH ermöglicht. Ein Großteil der Studierenden der KTU Linz – so Rosenberger – befände sich in einer ähnlichen Lebenssituation wie jene an den staatlichen Unis, und würde daher Angebote wie etwa die Unfall- und Haftpflichtversicherung sehr dankbar annehmen. Weiters möchte die Studierendenvertretung der KTU Linz auch auf Bundesebene politisch vertreten werden und wünscht sich daher, wieder in die ÖH eingegliedert zu werden. Die ÖH-Bundesvertretung würde eine erneute Eingliederung der Studierenden der Privatunis begrüßen, denn niemand sollte ohne gesetzliche Vertretung ein Studium bestreiten müssen. Spielmann formuliert das so: „Die ÖH-Bundesvertretung setzt sich für den einheitlichen Hochschulsektor ein, das bedeutet die rechtliche Gleichstellung aller vier Hochschulsektoren: öffentliche Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen und Privatuniversitäten. Unser langfristiges Ziel ist ein öffentlich finanzierter, gemeinsamer und moderner Hochschulsektor.“
Einen anderen Weg geht der 2011 gegründete Verein zum Aufbau und zur Förderung einer bundesweiten Studierendenvertretung der Privatuniversitäten. Dieser hat das Ziel, die Vertretungen zu verbessern, zu unterstützen und Kontinuität in der Arbeit der StudierendenvertreterInnen zu fördern. Die Funktionsperiode von Studierendenvertretungen an Privatuniversitäten beträgt nämlich nur ein Jahr, halb so lange wie jene der ÖH. Darauf wird der Mangel an Kontinuität zurückgeführt. Zudem sollen sich die Studierendenvertretungen der Privatuniversitäten untereinander vernetzen und geschlossen nach außen auftreten. Bis eine bundesweit gewählte und gesetzlich geregelte Studierendenvertretung in der Lage ist diese Arbeit zu übernehmen, will der Verein diese Aufgabe erfüllen. Da die 2012 erfolgte Neuregelung des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes vorsieht, dass ein Vertreter des Vereins in der Generalversammlung der AQ Austria Mitglied ist, scheint der Status der Studierendenvertretung der Privatuniversitäten als Verein „einzementiert“ zu sein, sollte es nicht demnächst zu einer mutigen HSG-Reform kommen.
Andreas Freund studiert Romanistik sowie Publizistik - und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien.