Nervende Fragen
Jolly: Ein Portrait.
Jolly: Ein Portrait.
Studium, Politik und Rugby: So sieht Jollys Alltag in Jena aus, wo er_sie Materialwissenschaften studiert, aber nie besonders lange bleibt. Gerade von einem internationalen Bildungsseminar wiedergekommen, packt Jolly bereits die Koffer für eine Reise nach Bulgarien und ein anstehendes politisches Sommer-Camp. Antifaschismus und Ökologie sind der_dem 20-Jährige_n in seinem_ihrem sozialistisch geprägten politischen Engagement besonders wichtig. Und in letzter Zeit sind vor allem Fragen rund um Geschlecht, Sexualität und Transgender hinzugekommen. Diesbezüglich versucht Jolly, seine_ihre Mitmenschen zum Nach- und Umdenken zu animieren. An der Uni gestaltet sich das allerdings oft schwierig: Zwar sind für Jolly Gespräche mit Kommiliton_innen
zu Geschlechterrollen oder Sexismus wichtig, Transgender-Themen spricht er_sie jedoch erst spät oder gar nicht an – auch, um sich nicht durch ein Outing angreifbar zu machen. Denn Outings bedeuten für Jolly oft anstrengende Fragen nach dem „echten“ Namen und dem „echten“ Geschlecht sowie nach einer vermeintlichen medizinischen Geschichte oder Hormonbehandlungen. Auch in seiner_ihrer eigenen Familie ist Jollys Name Thema: Während seine_ihre Mutter gerne die „Ausnahme“ sein möchte, beharrt Jolly auf seinem_ihrem Wunsch, auch von ihr mit der gewählten Identität anerkannt zu werden. Beharrlichkeit und Motivation sind jene Eigenschaften, die einem entgegenspringen, wenn Jolly in einem unglaublichen Tempo von seinen_ihren Outings, zuerst als Lesbe, dann als Trans*Person spricht. Dass Jolly, obwohl er_sie gerade erst angefangen hat zu studieren, mitten im Leben steht, wird spätestens dann klar, wenn er_sie über die positiven Momente von Coming-Outs spricht, in denen seine_ihre eigene Identität von anderen so wahrgenommen wird, wie er_sie sich selbst wahrnimmt.
Trans*-Sein spielt für ihn_sie auf vielen Ebenen eine Rolle: Jolly würde formal-rechtliche Dinge wie seinen_ ihren Namen oder die Geschlechtseintragung in Dokumenten zwar ändern wollen, aber nur, wenn dies nicht mit bürokratischen Hürden, medizinischen Untersuchungen oder Psychotherapien verbunden wäre. Die eigene Trans-Identität ist für Jolly auch politisch ein Faktor. Obwohl er_sie sich nicht nur mit Trans-Bildungsarbeit und Trans-Politiken beschäftigen möchte, versucht er_sie Menschen zu sensibilisieren – einerseits im Sinne einer Verbesserung seiner_ihrer eigenen Situation und andererseits damit Menschen, die nach ihm_ihr Politik machen und sich als Trans* identifizieren, nicht vor den gleichen Hürden stehen.