Partykommunismus am WTF-Ball
Am 17. Jänner, eine Woche vor dem Akademikerball, findet im FLUC in Wien der WTF-Ball statt. progress online hat mit Andreas Peham vom WTF-Ballkomitee über Politik und Hedonismus, Burschenschaften und politische Partys an kommerziellen Orten gesprochen.
Am 17. Jänner, eine Woche vor dem Akademikerball, findet im FLUC in Wien der WTF-Ball statt. Progress sprach mit Andreas Peham vom WTF-Ballkomitee über Politik und Hedonismus, Burschenschaften und politische Partys an kommerziellen Orten.
Das Interview ist der erste Teil der progress Online-Interviewserie mit dem Thema Gegenbewegungen zum Akademikerball.
progress: Ihr organisiert eine Woche vor dem Wiener Akademikerball, der Nachfolgeverstaltung des WKR-Balls, den WTF-Ball. Was ist das für eine Veranstaltung?
Andreas Peham: In der Namensgebung und durch die zeitliche Nähe wird die Gegner_innenschaft zum WKR- oder Akademikerball ja schon deutlich. Es ist eine antifaschistische Veranstaltung. Andererseits ist es eine Antithese in Partyform zur Steifheit, zum Unspontanen und Elitären des WKR-Balls und der Burschenschaften. Die Party soll politischen Charakter haben und möglichst frei sein von dem, wofür der WKR-Ball steht. Es geht darum, Politik und Feiern zusammenzubringen.
Was habt ihr eigentlich gegen den Akademikerball?
Peham: Wir haben etwas gegen die Veranstaltenden, also Burschenschaften und deutschnationale Korporationen und das, wofür sie stehen: Männerbündelei, Antisemitismus und das ambivalente Verhältnis zum Nationalsozialismus. Sie sind zwar nicht pauschal rechtsextrem, aber gerade im WKR geben die rechtsextremen Verbindungen den Ton an. Die deutschnationalen Verbindungen repräsentieren eine Kontinuität, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht, durch den Nationalsozialismus hindurchgeht und nach 1945 ihre Fortsetzung findet. Man kann mit gutem Recht sagen, dass Burschenschaften gerade in Österreich an der Wiege des Nationalsozialismus standen. Zunächst durch den Arierparagraphen in den Verbindungen, dann an den Universitäten. Noch in den 1990er Jahren waren honorige Persönlichkeiten wie Rektoren und Politiker im Ehrenkomitee. Seit die Kritik stärker geworden ist, ist das nicht mehr möglich.
Außerdem dient der Ball einer europäischen extremen Rechten zur Vernetzung. Jedes Jahr sind sehr hochrangige Vertreter dieser europäischen Rechten auf dem Ball – vom Front National über Vlaams Belang bis hin zu noch weiter rechts stehenden Gruppen. Bezüglich des Veranstaltungsortes des Balls kritisieren wir das offizielle Österreich: Auch wenn die Hofburg-Betreibergesellschaft eigenständig ist, ist so ein symbolträchtiger, repräsentativer Ort in unserer Sicht nicht diesen Kräften zu überlassen. Hier wünschen wir uns klare Zeichen der Republik.
Wer ist das WTF-Ballkomitee und seit wann gibt es euren Ball?
Peham: Dieses Jahr findet der dritte WTF-Ball statt. Hervorgegangen ist er aus dem links politisierten Teil der Wiener Partykultur. Man könnte es Feierkommunismus nennen, ohne dass alle, die kommen oder das organisieren, Kommunist_innen wären. Die Party soll für die Utopie stehen, ihr Vorwegnehmen in der täglichen Praxis und im Feiern. Wir sind ein bunter Haufen, es sind Leute aus verschiedensten politischen Milieus dabei. Vom jungen linken Flügel der Sozialdemokratie über Grüne bis hin zum autonomen, feministischen, linksradikalen, queeren Milieu. Im Vordergrund des Bündnisses stehen lauter Einzelne, die ein gemeinsames Interesse kollektiv umsetzen wollen.
Der Erlös des Abends geht an die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (Dessi) und das Projekt Schule für alle – PROSA. Was sind das für Organisationen?
Peham: Die Dessi berät Menschen, die in die Fänge des österreichischen Migrationsregimes kommen und illegalisiert werden. PROSA versucht, jungen Menschen Schulbildung zukommen zu lassen, die aufgrund ihrer Herkunft vom rigiden Migrationsregime von notwendiger schulischer Bildung ausgeschlossen und sehr früh – und ich verwende diesen Begriff bewusst – „selektiert“ werden.
Warum findet der WTF-Ball an kommerziellen Orten statt?
Peham: In Wien fehlt es an großen, nichtkommerziellen Räumen. Natürlich verdienen die Locations an Getränken, aber sie sind uns bei der Miete sehr entgegen gekommen. Es gibt auch dort ein Interesse, Politik in die Locations hineinzubringen. Viele Orte in Wien, die mittlerweile kommerziell sind, kommen aus der Linken. Ich finde es gut, solche Orte in die Pflicht zu nehmen.
Ist eine Party gegen Rechtsextremismus nicht etwas hedonistisch und unpolitisch?
Peham: Feiern und Protestieren gehören zusammen. Wir sehen die Chance, Leute über das Feiern gut organisierter Partys zu politisieren. Dabei ist ein gutes Line-Up wichtig, das auch unseren politischen Ansprüchen gerecht werden muss: Mindestens 50 Prozent des Artists sollen beispielsweise Frauen sein, es muss bis ins kleinste Detail erkennbar sein, dass es nicht einfach irgendeine Party ist. Für uns gehört Hedonismus und Kämpfen zusammen.