Über Regenbogenmaschinen und Schweinwerfer
Das Satireprojekt Die Partei feierte kürzlich seinen Gründungstag in Österreich. Ob es hierzulande so erfolgreich sein kann wie in Deutschland, ist fraglich. Denn die etablierten Parteien stellen eine harte Konkurrenz dar, was Lächerlichkeiten angeht.
Das Satireprojekt Die Partei feierte kürzlich seinen Gründungstag in Österreich. Ob es hierzulande so erfolgreich sein kann wie in Deutschland, ist fraglich. Denn die etablierten Parteien stellen eine harte Konkurrenz dar, was Lächerlichkeiten angeht.
„Österreich ist ja voll mit Spaßparteien, die sich selbst nicht ernst nehmen und die österreichischen Wählerinnen und Wähler haben eine seriöse Alternative verdient“, sagte Leo Fischer, Bundesvorstandsmitglied von Die Partei Deutschland anlässlich der Gründungsveranstaltung des Österreich-Ablegers der deutschen Satirepartei am Nationalfeiertag. Das Programm der österreichischen Die Partei laut Website: „Regenbogenmaschinen für alle!“
So weit, so gut. Aber kann eine Satirepartei in Österreich überhaupt funktionieren? Zumindest was die (fehlenden) Inhalte betrifft, gibt es in Österreich eine lange Tradition. Mit dem Team Stronach sitzt etwa eine Partei im Parlament, von der bis heute niemand so recht weiß, wofür sie eigentlich steht. Frank Stronach schaffte sich – als Millionär und Unternehmer – gar ein Image als Vertreter der Arbeitnehmer_innenrechte. Für jene, die ihn wählten, schien das keinen Widerspruch darzustellen. Auch seine skurrilen TV-Auftritte – wir erinnern uns an Einstiegssager wie „Wo ist mein Bier? Mir wurde ein Bier versprochen!“ oder „Nochamal“-Wutopa-Auftritte – hielten knapp 233.000 Österreicher_innen nicht davon ab, ihm bei der letzten Nationalratswahl ein Kreuzerl zu geben. Ende Oktober brachte das Team Stronach im Parlament einen weltbewegenden Antrag betreffend des Kraftfahrgesetzes ein: Das Wort „Schweinwerfer“ möge doch bitte durch „Scheinwerfer“ ersetzt werden. Neben den Stronach-Anhänger_innen sieht also eine Satirepartei blass aus.
Kastanienliebe, Schillinghingabe. Es geht aber noch mehr, wie die NEOS beweisen. Zuletzt stellte das die Parteijugend unter Beweis, indem sie die Freigabe „aller Drogen“ forderte. Auch NEOS-Chef Matthias Strolz liefert regelmäßig Stoff zum Loslachen – etwa als er kürzlich zum Fasten ins Kloster einkehrte und dort ein Liebesgedicht an Kastanien verfasste. „Du bist so prall und glänzend“, dichtete er da zwischen Einläufen und Leberwickeln.
Es gibt aber auch jene skurrilen Gründungen, die es wirklich schwer machen, daran zu glauben, dass es in Österreich Platz für ein weiteres Witzfigurenkabinett gibt. So etwa die REKOS, die „Reformkonservativen“ unter der Führung des ehemaligen FPÖ-Politikers Ewald Stadler. In zehn Thesen kämpft die Partei „in Verantwortung vor Gott und dem Nächsten“. Für Gottgläubigkeit und Konservatismus steht auch die Christliche Partei Österreichs, die CPÖ. Gemeinsam traten sie zur EU-Wahl im Mai 2014 an und erreichten 1,18 Prozent, immerhin 33.224 Stimmen. Noch erfolgreicher war EU-STOP, eine Partei, die „zum harten Schilling zurückkehren“ will, mit 2,76 Prozent (77.879 Stimmen). Deren Gesamtauftritt und Wähler_innenschaft wären wohl nur schwer zu karikieren.
Aber auch die Großparteien liefern genug Comedy-Stoff. Sei es Bürgermeister Michael „Man bringeden Spritzwein“ Häupl, Wolfgang „Ich lese keine E-Mails!“ Schüssel oder Grüne, die im Wahlkampf betonen, „weniger belämmert als andere“ zu sein – eine Satirepartei hat hier kaum noch Möglichkeiten zu überbieten, was Lachhaftigkeit angeht.
Eine gute Satirepartei muss aber mehr können, als nur lustig zu sein. Sie kann Machtstrukturen aufdecken und den Populismus anderer Parteien entlarven. Sie kann als Meta-Partei kritisieren und verändern, kann mit ihren eigenen Mitteln den Finger in offene Wunden legen. Denn so einfach es ist, in Österreich eine Partei zu gründen, so kompliziert ist es beispielsweise auch, Einblick in die Finanzen etablierter Parteien zu erhalten. Auch das hat der Parteineuzugang bereits thematisiert.
Abgesehen von besagtem Gründungstag ist Die Partei jedoch bisher kaum aufgefallen. Auch die Twitter- und Facebook Follower_innenzahlen fallen derzeit eher bescheiden aus. Und an den Erfolg in Deutschland – 0,6 Prozent der Stimmen bei den EU-Wahlen im Mai 2014 und damit ein Sitz im Parlament – wird Österreichs Die Partei nur schwer anknüpfen können. In Deutschland wurde Die Partei schließlich von der Redaktion des Satiremagazins Titanic gegründet. Ein vergleichbar erfolgreiches Satiremagazin existiert in Österreich nicht. Und das, was hierzulande als Politsatire definiert wird, beschränkt sich auf Parodien und passiert im Kabarett, im Puppentheater und in witzlosen Wochenmagazin-Kolumnen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich hierzulande nicht so gerne gegenseitig auf die Füße getreten wird. Nach dem Motto: Lieber still ducken als aufmucken.
Reykjavík: Satire an der Macht. Island hingegen zeigt vor, dass Großes möglich ist. Im Jahr 2010 wurde der Schauspieler und Komiker Jón Gnarr mit seiner Partei Besti flokkurinn (Beste Partei) zum Bürgermeister gewählt. Drei Forderungen der Partei waren transparente Korruption, kostenlose Handtücher für städtische Schwimmbäder und ein Eisbär für den Zoo. Bis Juni 2014 war Gnarr Bürgermeister, eine zweite Amtszeit strebte er nicht an. Der Erfolg der Satirepartei hat stark mit der Beliebtheit Jón Gnarrs zu tun – während Markus Stuhlpfarrer, Vorsitzender der österreichischen Die Partei, nur wenigen ein Begriff ist.
Dass Gnarrs Partei nach nur einjährigem Bestehen einen derartigen Erfolg verbuchen konnte, lag aber auch an der wirtschaftlichen Krise im Land und der Politikverdrossenheit vieler Bürger_innen. Hier kommen wir zurück zu Österreich: Uns geht’s wirtschaftlich (noch) zu gut. Und jene, die verdrossen sind, wählen lieber rechts. Dass Die Partei in diesem Milieu Stimmen holen kann, ist eher unwahrscheinlich. Tatsache ist jedoch: Zu der bereits bestehenden Realsatire kann sich getrost ein wenig (gut gemachte) Politsatire dazu gesellen. Ob sie den an Absurditäten ge- und verwöhnten Wähler_innen Österreichs mehr als nur ein müdes Schmunzeln entlocken kann, bleibt abzuwarten.
Jelena Gučanin studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Uni Wien.